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Der Nachweis von Sturmschäden

Der Nachweis von Sturmschäden

Was ist erforderlich, um einen versicherten Sturmschaden an einem Kfz nachzuweisen? Greifen hierbei Beweiserleichterungen? Mit diesen Fragen hat sich das Oberlandesgericht Nürnberg in dem Hinweisbeschluss vom 25.06.2024 (8 U 775/24) befasst.

Darum geht es

Der Kläger unterhält bei der Beklagten eine Fahrzeugversicherung für seinen Kleintransporter. Es besteht Teilkaskoschutz mit einer Selbstbeteiligung von 150 EUR. Zur Beurteilung des Falles wurden die Musterbedingungen für die Kfz-Versicherung (AKB 2015) zugrunde gelegt. Nach diesen ist unter anderem die unmittelbare Einwirkung von Sturm, Hagel, Blitzschlag oder Überschwemmung auf das Fahrzeug versichert. Als Sturm gilt eine wetterbedingte Luftbewegung von mindestens Windstärke 8. Eingeschlossen sind Schäden, die dadurch verursacht werden, dass – etwa durch Sturm – Gegenstände auf oder gegen das Fahrzeug geworfen werden. Kein Versicherungsschutz besteht für Schäden, die auf ein durch diese Naturgewalten veranlasstes Verhalten des Fahrers zurückzuführen sind.

Der Kläger hatte seinen Kleintransporter vom 17. bis 21.02.2022 in einer Straße abgestellt. Er behauptet, aufgrund eines Sturms/Orkans in diesem Zeitraum und deswegen herumfliegender Gegenstände sei das versicherte Fahrzeug beschädigt worden. Er verlangte von der Beklagten die Erstattung der Reparaturkosten unter Abzug des Selbstbehalts. Die Beklagte lehnte eine Erstattung vorgerichtlich ab. Auch in erster Instanz blieb der Kläger erfolglos. Das Landgericht führte aus, der Kläger habe nicht nachweisen können, dass ein Sturm die Sachschäden verursacht hat. Hiergegen wandte sich der Kläger mit der Berufung.

OLG zu notwendigem Nachweis

Das Oberlandesgericht führte aus, dass der Versicherungsnehmer sowohl das Vorliegen einer versicherten Naturgewalt beweisen müsse als auch deren unmittelbare Einwirkung auf das Fahrzeug. Es komme nicht darauf an, ob die geltend gemachten Schäden durch das Naturereignis verursacht worden sein könnten. Es müsse dargelegt und bewiesen werden, dass das Naturereignis die Schäden im konkreten Fall tatsächlich verursacht hat. Ist dies zweifelhaft und kommen andere Schadensursachen in Betracht, müsse der Versicherungsnehmer den Vollbeweis erbringen. Er müsse nachweisen, dass das Naturereignis die einzige oder letzte Ursache für den eingetretenen Schaden ist und andere Ursachen ausscheiden.

Keine Beweiserleichterung

Eine Beweiserleichterung wie beim Nachweis des versicherten Diebstahls komme dem Versicherungsnehmer nicht zugute. Zum Nachweis des (Einbruchs-)Diebstahls berichteten wir bereits, zuletzt mit dem Blogbeitrag vom 28.06.2024. Die Sachverhalte seien nicht vergleichbar. Ein Diebstahl werde typischerweise nicht beobachtet, sodass Zeugen im Regelfall nicht zum Nachweis des Diebstahlsvorgangs nicht zur Verfügung stehen. Dadurch befinde sich der Versicherungsnehmer in Beweisnot. Demgegenüber stünden bei Eintritt einer Naturgewalt sowohl Zeugen als auch die eingetretenen Beschädigungen zum Nachweis des Versicherungsfalls zur Verfügung. Im Einzelfall möglicherweise tatsächlich bestehende Abgrenzungsschwierigkeiten bei der Schadensursache rechtfertigten nicht die Annahme einer Beweisnot und daraus folgende Beweiserleichterungen.

Sturm als Schadensursache nicht bewiesen

Den somit erforderlichen Vollbeweis sah auch das Oberlandesgericht als nicht erbracht an. Der Kläger habe schon nicht darlegen können, wo genau das Fahrzeug während des Sturmereignisses am 16. und 17.02.2022 abgestellt war. Bei seiner Anhörung gab er an, das Kfz „irgendwo in der Straße“ abgestellt zu haben. Auch habe er beim nächsten Bewegen des Fahrzeugs zunächst keine Beschädigungen wahrgenommen, sondern erst am Folgetag. Der gerichtlich bestellte Sachverständige habe ausgeführt, dass es zwar möglich sei, dass die Schäden durch den Sturm und herumfliegende Äste und sonstige Gegenstände verursacht worden sind. Es könne sich jedoch auch um Vorschäden durch Vandalismus oder Gebrauchsschäden handeln. Der Nachweis von Sturmschäden sei nicht möglich, weil auf/gegen das Fahrzeug gestoßene Gegenstände nie dokumentiert worden seien. Zudem räumte der Kläger im Verlauf des Beweisverfahrens einen Vorschaden im Dachbereich ein.

Somit sei bereits der konkrete Schadenszeitpunkt und der Stellplatz des Fahrzeugs nicht zuverlässig feststellbar. Die Verursachung der Schäden durch unmittelbare Einwirkung des Sturms sei möglich, andere Ursachen jedoch ebenso und nicht etwa ausgeschlossen. Dies reiche nicht aus, um das Gericht vom Eintritt des Versicherungsfalls im erforderlichen Maße zu überzeugen.

Unter Verweis auf diese Ausführungen hat das Oberlandesgericht die Berufung des Klägers mit Beschluss vom 17.07.2024 zurückgewiesen.

Wenn wir mit diesem Beitrag Ihr Interesse geweckt haben, schauen Sie auch gerne in unsere weiteren Blogeinträge. Sollten Sie in einer ähnlichen Fallkonstellation selbst betroffen sein, melden Sie sich. Eine fernmündliche Ersteinschätzung seitens unseres Teams ist für Sie kostenfrei.

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Der Kläger unterhält bei der Beklagten eine Fahrzeugversicherung für seinen Kleintransporter. Es besteht Teilkaskoschutz mit einer Selbstbeteiligung von 150 EUR. Zur Beurteilung des Falles wurden die Musterbedingungen für die Kfz-Versicherung (AKB 2015) zugrunde gelegt. Nach diesen ist unter anderem die unmittelbare Einwirkung von Sturm, Hagel, Blitzschlag oder Überschwemmung auf das Fahrzeug versichert. Als Sturm gilt eine wetterbedingte Luftbewegung von mindestens Windstärke 8. Eingeschlossen sind Schäden, die dadurch verursacht werden, dass – etwa durch Sturm – Gegenstände auf oder gegen das Fahrzeug geworfen werden. Kein Versicherungsschutz besteht für Schäden, die auf ein durch diese Naturgewalten veranlasstes Verhalten des Fahrers zurückzuführen sind.

Der Kläger hatte seinen Kleintransporter vom 17. bis 21.02.2022 in einer Straße abgestellt. Er behauptet, aufgrund eines Sturms/Orkans in diesem Zeitraum und deswegen herumfliegender Gegenstände sei das versicherte Fahrzeug beschädigt worden. Er verlangte von der Beklagten die Erstattung der Reparaturkosten unter Abzug des Selbstbehalts. Die Beklagte lehnte eine Erstattung vorgerichtlich ab. Auch in erster Instanz blieb der Kläger erfolglos. Das Landgericht führte aus, der Kläger habe nicht nachweisen können, dass ein Sturm die Sachschäden verursacht hat. Hiergegen wandte sich der Kläger mit der Berufung.

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Eine Beweiserleichterung wie beim Nachweis des versicherten Diebstahls komme dem Versicherungsnehmer nicht zugute. Zum Nachweis des (Einbruchs-)Diebstahls berichteten wir bereits, zuletzt mit dem Blogbeitrag vom 28.06.2024. Die Sachverhalte seien nicht vergleichbar. Ein Diebstahl werde typischerweise nicht beobachtet, sodass Zeugen im Regelfall nicht zum Nachweis des Diebstahlsvorgangs nicht zur Verfügung stehen. Dadurch befinde sich der Versicherungsnehmer in Beweisnot. Demgegenüber stünden bei Eintritt einer Naturgewalt sowohl Zeugen als auch die eingetretenen Beschädigungen zum Nachweis des Versicherungsfalls zur Verfügung. Im Einzelfall möglicherweise tatsächlich bestehende Abgrenzungsschwierigkeiten bei der Schadensursache rechtfertigten nicht die Annahme einer Beweisnot und daraus folgende Beweiserleichterungen.

Sturm als Schadensursache nicht bewiesen

Den somit erforderlichen Vollbeweis sah auch das Oberlandesgericht als nicht erbracht an. Der Kläger habe schon nicht darlegen können, wo genau das Fahrzeug während des Sturmereignisses am 16. und 17.02.2022 abgestellt war. Bei seiner Anhörung gab er an, das Kfz „irgendwo in der Straße“ abgestellt zu haben. Auch habe er beim nächsten Bewegen des Fahrzeugs zunächst keine Beschädigungen wahrgenommen, sondern erst am Folgetag. Der gerichtlich bestellte Sachverständige habe ausgeführt, dass es zwar möglich sei, dass die Schäden durch den Sturm und herumfliegende Äste und sonstige Gegenstände verursacht worden sind. Es könne sich jedoch auch um Vorschäden durch Vandalismus oder Gebrauchsschäden handeln. Der Nachweis von Sturmschäden sei nicht möglich, weil auf/gegen das Fahrzeug gestoßene Gegenstände nie dokumentiert worden seien. Zudem räumte der Kläger im Verlauf des Beweisverfahrens einen Vorschaden im Dachbereich ein.

Somit sei bereits der konkrete Schadenszeitpunkt und der Stellplatz des Fahrzeugs nicht zuverlässig feststellbar. Die Verursachung der Schäden durch unmittelbare Einwirkung des Sturms sei möglich, andere Ursachen jedoch ebenso und nicht etwa ausgeschlossen. Dies reiche nicht aus, um das Gericht vom Eintritt des Versicherungsfalls im erforderlichen Maße zu überzeugen.

Unter Verweis auf diese Ausführungen hat das Oberlandesgericht die Berufung des Klägers mit Beschluss vom 17.07.2024 zurückgewiesen.

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