Wann sind Regelungen in Versicherungsbedingungen hinreichend verständlich und bestimmt? Hierüber kommt es in der Praxis häufig zu Streitigkeiten. Das Landgericht Mönchengladbach hat mit Urteil vom 04.07.2024 (Az: 1 O 364/20) einen solchen Streit entschieden. Es sei vorangestellt, dass es sich hierbei um eine Mindermeinung handeln dürfte.
Feuerversicherung
Der Kläger unterhält bei der Beklagten eine Sachversicherung für die streitgegenständliche Filiale. Es besteht im Rahmen dieser auch eine Feuerversicherung. Danach leistet der Versicherer Entschädigung für versicherte Sachen, die durch Brand zerstört oder beschädigt werden. In den zugrundeliegenden Versicherungsbedingungen ist unter dem Punkt „Sicherheitsvorschriften“ unter anderem festgehalten, dass der Versicherungsnehmer „alle gesetzlichen, behördlichen oder in dem Versicherungsvertrag vereinbarten Sicherheitsvorschriften zu beachten“ hat. Auch habe er die versicherten Sachen „stets in ordnungsgemäßem Zustand zu erhalten“.
Im September 2018 kam es im Küchenbereich der Filiale zu einem Brand. Ort und Ursache des Brandausbruchs sind zwischen den Parteien streitig. Die Beklagte macht geltend, der Brand sei von der Fritteuse ausgegangen. Alleinige Ursache sei die mangelhafte Wartung und Reinigung der Fritteuse gewesen.
Erfolg vor dem LG
Der Kläger machte nun einen Entschädigungsanspruch gegen die Beklagte geltend. Von dem Landgericht wurde der Klage stattgegeben. Die Beklagte sei nicht wegen einer Obliegenheitsverletzung leistungsfrei, die fraglichen Versicherungsbedingungen seien unwirksam.
Die Regelungen mit dem Verweis auf gesetzliche und behördliche Sicherheitsvorschriften und bezüglich des „ordnungsgemäßen“ Zustands seien zu unbestimmt. Es liege ein Verstoß gegen das in § 307 Abs. 1 S. 2 BGB verankerte Transparenzgebot vor. Das daraus abgeleitete Bestimmtheitsgebot erfordere, dass die Klausel die wirtschaftlichen Nachteile und Belastungen soweit erkennen lässt, wie dies nach den Umständen gefordert werden kann. Dem würden die beiden Regelungen nicht gerecht werden.
Zur Begründung
Der Verweis auf gesetzliche und behördliche Sicherheitsvorschriften weise keinen eigenständigen Regelungsgehalt auf. Der Versicherungsnehmer könne die mit der Regelung an ihn gestellten Anforderungen aus der Klausel nicht entnehmen. Dies gelinge erst mit dem Blick in die in Bezug genommenen Vorschriften.
Auch die Bedingungsregelung, die Sache in einem „ordnungsgemäßen“ Zustand zu erhalten, sei nicht wirksam. Der Versicherungsnehmer wisse nicht, was unter einem solchen Zustand zu verstehen sei und welche Verhaltenspflichten ihm auferlegt werden. Zudem sei jedenfalls eine unzureichende Reinigung nicht als eine Verletzung der Obliegenheit anzusehen.
Andere Ansicht: BGH
An dieser Stelle ist darauf hinzuweisen, dass der Bundesgerichtshof sich mit Urteil vom 25.09.2024 (Az: IV ZR 350/22) mit einer ähnlichen Regelung beschäftigt hat. Auch dort ging es um einen Brandschaden. In den zugrundeliegenden Bedingungen war unter dem Punkt „Obliegenheiten vor Eintritt des Versicherungsfalls“ folgende Regelung enthalten:
„a) Vertraglich vereinbarte Obliegenheiten, die der Versicherungsnehmer vor Eintritt des Versicherungsfalls zu erfüllen hat, sind
aa) die Einhaltung aller gesetzlichen, behördlichen sowie vertraglich vereinbarten Sicherheitsvorschriften (siehe A § 17)“
Diese Verweisung sah der Bundesgerichtshof als hinreichend bestimmt und folglich wirksam an. Unter den gesetzlichen und behördlichen Sicherheitsvorschriften verstehe der durchschnittliche Versicherungsnehmer die rechtlich verbindlichen und jeweils geltenden Anordnungen staatlichen Ursprungs, die gerade das versicherte Risiko vor einer versicherten Gefahr schützen sollen. Es sei dem Versicherungsnehmer auch möglich und zumutbar, die in Bezug genommenen Sicherheitsvorschriften zu konsultieren. Dann würden ihm die ihn treffenden Handlungs- und Unterlassungspflichten – die er ohnehin zu befolgen hat – klar. Ein Verstoß gegen das Transparenzgebot liege nicht schon dann vor, wenn die Regelung noch klarer und verständlicher gefasst werden könnte.
Die hinreichende Bestimmtheit wird auch damit begründet, dass es dem Versicherer nicht möglich ist, alle Sicherheitsvorschriften im Vorhinein zu konkretisieren. Dies wird insbesondere in Bezug auf die behördlichen Anordnungen an den Versicherungsnehmer klar, weil der Versicherer diese regelmäßig nicht kennt.
Gerade vor dem Hintergrund des aktuellen BGH-Urteils dürfte sich die Ansicht des Landgerichts Mönchengladbach wohl nicht weiterverbreiten.
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