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Zur arglistigen Täuschung

Zur arglistigen Täuschung

Wir bleiben bei der Feuerversicherung. Dieses Mal geht es um die Frage, wann eine arglistige Täuschung durch den Versicherungsnehmer anzunehmen ist. Hierzu hat das Oberlandesgericht Naumburg mit Urteil vom 16.05.2024 (Az: 4 U 126/23) eine Entscheidung getroffen.

Das ist passiert

Der Kläger unterhält bei der Beklagten eine Gebäude-Feuerversicherung für ein Gewerbeobjekt. In den Vertrag miteinbezogen sind die Allgemeinen Bedingungen für die Feuerversicherung (AFB 2010). In Abschnitt B § 16 Nr. 2 AFB 2010 ist geregelt, dass die Entschädigungspflicht entfällt, „wenn der Versicherungsnehmer den Versicherer arglistig über Tatsachen, die für den Grund oder die Höhe der Entschädigung von Bedeutung sind, täuscht oder zu täuschen versucht.“

Nach einem Brandereignis in dem versicherten Objekt verlangte der Kläger Versicherungsleistungen von der Beklagten. Diese lehnte eine Einstandspflicht jedoch ab. Zwischen den Parteien stand insbesondere im Streit, ob der brandauslösende Industriestaubsauger in Betrieb war. Das Landgericht wies die Klage in erster Instanz ab, wogegen sich der Kläger mit der Berufung wandte.

Kurzschluss in Dauerbetrieb

Der Kläger blieb jedoch auch in der Berufungsinstanz ohne Erfolg. Das Oberlandesgericht urteilte, dass die Beklagte gemäß den AFB 2010 wegen arglistiger Täuschung durch den Kläger leistungsfrei ist.

Vorprozessual hatte der Kläger wiederholt angegeben, der Staubsauger sei keinesfalls in Betrieb gewesen. Auch habe er den Staubsauger bei seinen fast täglichen Besuchen vor Ort akustisch nicht wahrgenommen. Diese Angaben seien jedoch mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit widerlegt. 

Nach dem gerichtlich bestellten Sachverständigen gehe die Geräuschentwicklung des Staubsaugers immer in den Regelbereich, wenn er in Betrieb ist. Der Dauerbetrieb setze eine mechanische Tätigkeit voraus, eine Einstellung auf Dauerbetrieb infolge Brand und Hitzeentwicklung sei ausgeschlossen. Auch ein Privatgutachter sei zu dem Schluss gekommen, dass ein Kurzschluss nur im manuellen Dauerbetrieb entstehen kann. Aus technischer Sicht sei auch ausgeschlossen, dass der Staubsauger versehentlich eingeschaltet worden sei über einen angeschlossenen elektrischen Verbraucher.

Neuer Vortrag in Berufungsinstanz

Im Berufungsverfahren führte der Kläger noch zu einem anderen Ablauf aus. Der Staubsauger hätte im Betrieb aufgrund eines Wackelkontakts ausgegangen sein können. Aufgrund einer Erschütterung oder thermischen Veränderung des Wackelkontakts hätte das Gerät sich wieder einschalten und im Dauerbetrieb laufen können. Während des Dauerbetriebs hätte sich der Staubsauger dann infolge eines Kurzschlusses oder technischen Defekts entzündet.

Das Oberlandesgericht ordnete dieses Vorbringen nach § 531 ZPO als nicht zulassungsfähig ein. Dahingehend hätte schon in der ersten Instanz vorgetragen werden können und müssen. Zudem sei eine solche Schadensursache eher theoretischer Natur. Laut Sachverständigem könne der hier festgestellte Kurzschluss technisch nur entstehen, wenn der Industriestaubsauger manuell im Dauerbetrieb eingeschaltet gewesen ist.

Der „In-Betriebs-Zustand“ des Staubsaugers war von maßgeblicher Bedeutung für die Entscheidung über Grund bzw. Höhe der Erstattungspflicht der Beklagten. Das Oberlandesgericht ging aufgrund der widerlegten Angaben des Versicherungsnehmers von einer arglistigen Täuschung im Sinne der Versicherungsbedingungen aus.

Wenn wir mit diesem Beitrag Ihr Interesse geweckt haben, schauen Sie auch gerne in unsere weiteren Blogeinträge. Sollten Sie in einer ähnlichen Fallkonstellation selbst betroffen sein, melden Sie sich. Eine fernmündliche Ersteinschätzung seitens unseres Teams ist für Sie kostenfrei.

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Der „In-Betriebs-Zustand“ des Staubsaugers war von maßgeblicher Bedeutung für die Entscheidung über Grund bzw. Höhe der Erstattungspflicht der Beklagten. Das Oberlandesgericht ging aufgrund der widerlegten Angaben des Versicherungsnehmers von einer arglistigen Täuschung im Sinne der Versicherungsbedingungen aus.

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