Wieder einmal beschäftigen wir uns mit einer Gerichtsentscheidung zum versicherten Leitungswasserschaden. Das Oberlandesgericht Frankfurt a. M. hat sich in dem Urteil vom 06.12.2023 (Az: 18 U 53/22) dazu positioniert, welche Obliegenheiten bei einem leerstehenden Gebäude zu erfüllen sind.
Darum geht es
Der Kläger unterhält bei der Beklagten eine Wohngebäudeversicherung für ein „ständig bewohntes“ Einfamilienhaus. Dieses war zunächst vermietet, stand aber jedenfalls in den Monaten Januar bis einschließlich März 2021 leer. Der Kläger war zuletzt im Oktober 2020 beim Auszug der Vormieter in dem Haus. Zum 1. April 2021 war das Gebäude wieder vermietet. Nach den Versicherungsbedingungen (VGB 2019) besteht die Obliegenheit, nicht genutzte Gebäude zu jeder Jahreszeit genügend häufig zu kontrollieren und dort alle wasserführenden Anlagen und Einrichtungen abzusperren, zu entleeren und entleert zu halten (§ 24 Ziff. 1 b) VGB). Am 1. April 2021 meldete der Kläger der Beklagten einen Wasserschaden in dem Haus. Laut eines von dem Kläger eingeholten Sachverständigengutachtens beliefen sich die erforderlichen Sanierungskosten auf netto 30.834,95 EUR.
Laut dem Sachverständigen der Beklagten habe der Kläger die Heizungsanlage in der Zwischenzeit ausgeschaltet, die Heizungsrohre aber nicht entleert. Der Wasserschaden sei auf einen Frostschaden zurückzuführen. Unstreitig ist ein Leitungsbogen aus einer Lötmuffe herausgedrückt worden und hat zu einem Wasserschaden geführt. Der Kläger bestritt jedoch einen Frostschaden als Ursache und führte an, das Haus sei immer ausreichend beheizt worden. Der zuständige Makler habe das Haus auch mehrfach in der Woche für Besichtigungen aufgesucht. Eine Entleerung der Heizungsanlage sei daher nicht erforderlich gewesen. Das Gebäude sei auch über die gesamte Zeit zur Vermarktung genutzt worden.
Die Beklagte verweigerte die Leistung unter Berufung auf eine grob fahrlässige Obliegenheitsverletzung. Die erhobene Klage wurde in erster Instanz von dem Landgericht abgewiesen.
Bestätigung durch OLG
Das Oberlandesgericht bestätigte nun die erstinstanzliche Entscheidung.
Das versicherte Gebäude sei zumindest von Januar bis März 2021 im Sinne des § 24 VGB „nicht genutzt“ worden. Dabei sei entscheidend, dass das Gebäude jedenfalls drei Monate leer stand und auch nicht bestimmungsgemäß bewohnt wurde. Auch gelegentliche Besichtigungen mit einem Makler, die geplante Weitervermietung oder Renovierungsarbeiten in einem leerstehenden Haus führten nicht zu einer Nutzung.
Obliegenheitsverletzung
Der Kläger hätte daher gemäß § 24 Ziff. 1 b) VGB alle wasserführenden Leitungen absperren, entleeren und entleert halten müssen. Zudem hätte er das Gebäude hinreichend häufig kontrollieren müssen. Gegen diese Obliegenheit hat er verstoßen. Nach dem eindeutigen Wortlaut der Regelung sei das Entleeren unbedingt erforderlich und könne nicht durch Kontrollen oder ausreichendes Beheizen ersetzt werden. Zudem könne auch nicht von genügenden Kontrollen durch den Kläger oder den beauftragten Makler ausgegangen werden.
Die Klausel des § 24 Ziff. 1 b) VGB trage der besonderen Gefährdung nicht genutzter Gebäude oder Gebäudeteile Rechnung. Die Sicherungsmaßnahme ist ausdrücklich zu jeder Jahreszeit zu treffen und soll den Eintritt des Versicherungsfalls für alle versicherten Gefahren verhindern. Es soll so nicht nur das Frostrisiko beschränkt, sondern auch Risiken wie Vandalismusschäden oder Materialermüdung eingegrenzt werden. Vor diesem Hintergrund könne dahinstehen, ob ein Frostschaden oder Materialermüdung die Ursache des Wasserschadens war. Beide Risiken seien von der strengeren Obliegenheit bei leerstehenden Gebäuden umfasst.
Grobe Fahrlässigkeit führt zu vollständiger Anspruchskürzung
Es sei auch von einem grob fahrlässigen Verstoß des Klägers gegen diese Obliegenheit auszugehen. Der Kläger habe nicht dargelegt, warum ihn hier ein geringeres oder überhaupt kein Verschulden treffe. Die Obliegenheit war im bekannt, mit dem Auszug der Vormieter wusste er auch von der Nichtnutzung des Gebäudes. Bei einem dennoch unterbliebenen Absperren und Entleeren der Wasserleitungen sei regelmäßig von grober Fahrlässigkeit auszugehen. Dies gelte hier umso mehr, da der Leerstand mehrere Monate über den Winter andauerte. Auch erfolgte keine genügende Kontrolle des Objekts. Diese Obliegenheitsverletzung sei ursächlich für den Eintritt des Versicherungsfalls gewesen.
Nach § 28 Abs. 2 S. 2 VVG ist der Versicherer bei einer grob fahrlässigen Obliegenheitsverletzung berechtigt, seine Leistung in einem der Schwere des Verschuldens entsprechenden Verhältnis zu kürzen. In Ausnahmefällen ist nach einer Abwägung der Einzelfallumstände auch eine vollständige Kürzung möglich. Das Verschulden des Klägers nähere sich vorliegend dem Vorsatz an. Eigene Kontrollen habe der Kläger nicht durchgeführt. Es sei auch nicht ersichtlich, auf welcher Grundlage der Makler die Aussage getätigt hätte, die Heizung sei „immer in Ordnung“ gewesen. Ein Gutachten des Deutschen Wetterdienstes wies im Februar 2021 eine Dauerfrostperiode mit Temperaturen von bis zu -14 Grad aus. Der Kläger bestritt eine Frostperiode. Insoweit sei auch zweifelhaft, ob der Kläger auf aktuelle Temperaturen reagiert und die Heizung entsprechend eingestellt hätte. Ein Leitungswasserschaden durch Frost sei leichtfertig herausgefordert worden. Es komme nicht darauf an, ob der Schaden tatsächlich so verursacht worden sei.
Das Oberlandesgericht wies die Berufung des Klägers daher zurück.
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