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Der bedingungsgemäße Diebstahl

Der bedingungsgemäße Diebstahl

Erneut beschäftigt uns die Geschäftsversicherung und der versicherte Einbruchdiebstahl. Das Oberlandesgericht München hat sich in dem Urteil vom 15.02.2024 (Az: 25 U 8641/21) unter anderem damit befasst, was zum Nachweis eines bedingungsgemäßen Diebstahls versicherter Sachen erforderlich ist.

Das ist passiert

Der Kläger betreibt ein Uhrengeschäft und unterhält bei der Beklagten eine Geschäftsversicherung. Am 30. Oktober 2017 brachen unbekannte Täter in sein Geschäft ein und entwendeten unstreitig Uhren, Furnituren und Uhrmacherwerkzeug. Bei nachfolgenden Ortsterminen Anfang November 2017 mit dem Schadenregulierer der Beklagten konnte der Kläger keine Angaben zur Schadenshöhe machen. Nach mehrmaliger Aufforderung durch die Beklagte legte er dieser eine Stehlgutliste vor, welche er als unvollständig bezeichnete. Die Beklagte erinnerte ihn an die vollständige Erledigung. Bezugnehmend auf die Stehlgutliste ließ der Kläger im Mai und September 2018 Forderungsaufstellungen übermitteln. Nachfolgend teilte der Kläger mit, eine vollständige Auflistung der verbliebenen Waren sei ihm aufgrund der Vielzahl von Einzelteilen nicht möglich.

Erstinstanzlich hat der Kläger beantragt, die Haftung der Beklagten aus dem Versicherungsvertrag für Schäden aus dem Einbruchsereignis vom 30.10.2017 dem Grunde nach festzustellen. Das Landgericht hat der Klage insoweit stattgegeben.

Hiergegen wandte sich die Beklagte mit der Berufung und verfolgte das Ziel der Klageabweisung weiter. Im Wege der Anschlussberufung hat der Kläger die Klage erweitert. Er begehrte nun von der Beklagten unter anderem die Zahlung von 240.164,28 EUR.

Abänderung in zweiter Instanz

Das Berufungsgericht entschied die Sache ganz überwiegend zugunsten der Beklagten. Zunächst hielt es fest, dass die erstinstanzlich erhobene Feststellungsklage bereits unzulässig war. Die Erhebung einer Leistungsklage sei dem Kläger möglich gewesen. Auch sei im vorliegenden Fall nicht zu erwarten, dass die Beklagte bereits auf ein Feststellungsurteil hin leistet. Dies ergebe sich daraus, dass die Beklagte auch weiterhin Einwände erhebt, etwa gegen die Anspruchshöhe und die Feststellbarkeit des Schadenumfangs.

Auch den nun klageerweiternd geltend gemachten Anspruch des Klägers auf Zahlung hat das Berufungsgericht als unbegründet angesehen. Der Kläger habe weder den Diebstahl versicherter Sachen bewiesen noch den behaupteten Schadensumfang. Außerdem sei die Beklagte wegen einer Obliegenheitsverletzung des Klägers leistungsfrei.

Das äußere Bild des Einbruchdiebstahls

Der Versicherungsnehmer muss für den Beweis des bedingungsgemäßen Diebstahls das äußere Bild einer bedingungsgemäßen Entwendung beweisen. Das bedeutet, es muss ein Mindestmaß an Tatsachen nachgewiesen sein, die nach der Lebenserfahrung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit den Schluss auf die Entwendung zulassen. Hierzu gehört unter anderem die Unauffindbarkeit der zuvor am Tatort vorhandenen, als gestohlen gemeldeten Sachen. In der Geschäftsversicherung setzt dieser Nachweis regelmäßig die Vorlage von buchhalterisch nachvollziehbaren Unterlagen voraus. Der Versicherungsnehmer muss belegen, wann und wie er die konkreten Gegenstände erworben hat. Zudem muss er belegen, dass er zum Zeitpunkt des Einbruchs unverändert im Besitz dieser Gegenstände war.

Kein Beweis durch den Kläger

Der Kläger habe hier jedoch nicht beweisen können, dass die als gestohlen gemeldeten Sachen vorher vorhanden und nachher unauffindbar waren. Er habe hierfür auch keinen tauglichen Beweis angeboten. Die klägerseits vorgelegten Stehlgutlisten konnten das Gericht nicht von der Wahrheit der Behauptungen des Klägers überzeugen. Hierbei handele es sich lediglich um Parteivortrag des beweispflichtigen Klägers. Dieser habe jedoch schon nicht nachvollziehbar darlegen können, wie und auf welcher Grundlage er diese Listen erstellt haben will.  Die Angaben des Klägers beträfen nur den Bestand vor dem Einbruch. Sie setzten sich nicht damit auseinander, welche Sachen bei dem Einbruch entwendet worden sein sollen. Auch sei nicht nachvollziehbar, wie der Kläger festgestellt haben will, welche Sachen fehlten. Er sei auch nicht darauf eingegangen, ob die vorgelegte Restbestandsliste oder Fotos bei der Auflistung herangezogen wurden. Seine Ausführungen seien vage geblieben und wirkten auf das Berufungsgericht ausweichend.

Dass der Kläger Anfang November 2017 noch nicht einmal ungefähre Angaben zur Schadenshöhe machen konnte, sei zwar ansatzweise erklärt worden. Der Kläger gab hierzu an, dass er wegen der Geburt seines ersten Kindes im Oktober 2017 „neben sich stand“. Nun forderte der Kläger jedoch einen hohen sechsstelligen Betrag als Versicherungsleistung von der Beklagten. Es sei nicht nachvollziehbar, wie der Kläger im weiteren Verlauf zu einer umfangreichen Auflistung angeblich gestohlener Sachen gekommen ist. In jedem Fall fehle es am Nachweis des Schadensumfangs.

Obliegenheitsverletzung

Unabhängig davon sei die Beklagte auch infolge von Obliegenheitsverletzungen leistungsfrei. Nach den Versicherungsbedingungen ist der Versicherungsnehmer verpflichtet, alle Geschäftsbücher und sonstige Geschäftsunterlagen nach den Grundsätzen der ordnungsgemäßen Buchhaltung zu führen. Alle Geschäftsvorfälle sind unverzüglich und fortlaufend zu verbuchen. Bei Eintritt des Versicherungsfalls hat der Versicherungsnehmer die zu führenden Bücher/Unterlagen dem Versicherer auf Verlangen zur Verfügung zu stellen. Auch muss er auf Verlangen Untersuchungen über Ursache und Höhe des Schadens und über den Umfang der Entschädigungspflicht gestatten. Hierzu hat er auch jede dienliche Auskunft zu erteilen und die erforderlichen Belege beizubringen. Verletzungen dieser Obliegenheiten führen nach den Versicherungsbedingungen zur Leistungsfreiheit des Versicherers.

Die Beklagte hatte den Kläger mehrfach zur Übergabe aller erforderlichen Unterlagen aufgefordert. Dennoch habe der Kläger nicht alle zu führenden Geschäftsbücher und -unterlagen zur Verfügung gestellt, verlangte dienliche Auskünfte nicht erteilt und verlangte erforderliche Belege nicht beigebracht. Dies sei in Kenntnis der bestehenden Obliegenheiten und der Folge der Leistungsfreiheit bei Verletzungen geschehen.

Aufgrund dessen gab das Berufungsgericht der Berufung der Beklagten weit überwiegend statt und wies die Anschlussberufung des Klägers zurück.

Wenn wir mit diesem Beitrag Ihr Interesse geweckt haben, schauen Sie auch gerne in unsere weiteren Blogeinträge. Sollten Sie in einer ähnlichen Fallkonstellation selbst betroffen sein, melden Sie sich. Eine fernmündliche Ersteinschätzung seitens unseres Teams ist für Sie kostenfrei.

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Das ist passiert

Der Kläger betreibt ein Uhrengeschäft und unterhält bei der Beklagten eine Geschäftsversicherung. Am 30. Oktober 2017 brachen unbekannte Täter in sein Geschäft ein und entwendeten unstreitig Uhren, Furnituren und Uhrmacherwerkzeug. Bei nachfolgenden Ortsterminen Anfang November 2017 mit dem Schadenregulierer der Beklagten konnte der Kläger keine Angaben zur Schadenshöhe machen. Nach mehrmaliger Aufforderung durch die Beklagte legte er dieser eine Stehlgutliste vor, welche er als unvollständig bezeichnete. Die Beklagte erinnerte ihn an die vollständige Erledigung. Bezugnehmend auf die Stehlgutliste ließ der Kläger im Mai und September 2018 Forderungsaufstellungen übermitteln. Nachfolgend teilte der Kläger mit, eine vollständige Auflistung der verbliebenen Waren sei ihm aufgrund der Vielzahl von Einzelteilen nicht möglich.

Erstinstanzlich hat der Kläger beantragt, die Haftung der Beklagten aus dem Versicherungsvertrag für Schäden aus dem Einbruchsereignis vom 30.10.2017 dem Grunde nach festzustellen. Das Landgericht hat der Klage insoweit stattgegeben.

Hiergegen wandte sich die Beklagte mit der Berufung und verfolgte das Ziel der Klageabweisung weiter. Im Wege der Anschlussberufung hat der Kläger die Klage erweitert. Er begehrte nun von der Beklagten unter anderem die Zahlung von 240.164,28 EUR.

Abänderung in zweiter Instanz

Das Berufungsgericht entschied die Sache ganz überwiegend zugunsten der Beklagten. Zunächst hielt es fest, dass die erstinstanzlich erhobene Feststellungsklage bereits unzulässig war. Die Erhebung einer Leistungsklage sei dem Kläger möglich gewesen. Auch sei im vorliegenden Fall nicht zu erwarten, dass die Beklagte bereits auf ein Feststellungsurteil hin leistet. Dies ergebe sich daraus, dass die Beklagte auch weiterhin Einwände erhebt, etwa gegen die Anspruchshöhe und die Feststellbarkeit des Schadenumfangs.

Auch den nun klageerweiternd geltend gemachten Anspruch des Klägers auf Zahlung hat das Berufungsgericht als unbegründet angesehen. Der Kläger habe weder den Diebstahl versicherter Sachen bewiesen noch den behaupteten Schadensumfang. Außerdem sei die Beklagte wegen einer Obliegenheitsverletzung des Klägers leistungsfrei.

Das äußere Bild des Einbruchdiebstahls

Der Versicherungsnehmer muss für den Beweis des bedingungsgemäßen Diebstahls das äußere Bild einer bedingungsgemäßen Entwendung beweisen. Das bedeutet, es muss ein Mindestmaß an Tatsachen nachgewiesen sein, die nach der Lebenserfahrung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit den Schluss auf die Entwendung zulassen. Hierzu gehört unter anderem die Unauffindbarkeit der zuvor am Tatort vorhandenen, als gestohlen gemeldeten Sachen. In der Geschäftsversicherung setzt dieser Nachweis regelmäßig die Vorlage von buchhalterisch nachvollziehbaren Unterlagen voraus. Der Versicherungsnehmer muss belegen, wann und wie er die konkreten Gegenstände erworben hat. Zudem muss er belegen, dass er zum Zeitpunkt des Einbruchs unverändert im Besitz dieser Gegenstände war.

Kein Beweis durch den Kläger

Der Kläger habe hier jedoch nicht beweisen können, dass die als gestohlen gemeldeten Sachen vorher vorhanden und nachher unauffindbar waren. Er habe hierfür auch keinen tauglichen Beweis angeboten. Die klägerseits vorgelegten Stehlgutlisten konnten das Gericht nicht von der Wahrheit der Behauptungen des Klägers überzeugen. Hierbei handele es sich lediglich um Parteivortrag des beweispflichtigen Klägers. Dieser habe jedoch schon nicht nachvollziehbar darlegen können, wie und auf welcher Grundlage er diese Listen erstellt haben will.  Die Angaben des Klägers beträfen nur den Bestand vor dem Einbruch. Sie setzten sich nicht damit auseinander, welche Sachen bei dem Einbruch entwendet worden sein sollen. Auch sei nicht nachvollziehbar, wie der Kläger festgestellt haben will, welche Sachen fehlten. Er sei auch nicht darauf eingegangen, ob die vorgelegte Restbestandsliste oder Fotos bei der Auflistung herangezogen wurden. Seine Ausführungen seien vage geblieben und wirkten auf das Berufungsgericht ausweichend.

Dass der Kläger Anfang November 2017 noch nicht einmal ungefähre Angaben zur Schadenshöhe machen konnte, sei zwar ansatzweise erklärt worden. Der Kläger gab hierzu an, dass er wegen der Geburt seines ersten Kindes im Oktober 2017 „neben sich stand“. Nun forderte der Kläger jedoch einen hohen sechsstelligen Betrag als Versicherungsleistung von der Beklagten. Es sei nicht nachvollziehbar, wie der Kläger im weiteren Verlauf zu einer umfangreichen Auflistung angeblich gestohlener Sachen gekommen ist. In jedem Fall fehle es am Nachweis des Schadensumfangs.

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Unabhängig davon sei die Beklagte auch infolge von Obliegenheitsverletzungen leistungsfrei. Nach den Versicherungsbedingungen ist der Versicherungsnehmer verpflichtet, alle Geschäftsbücher und sonstige Geschäftsunterlagen nach den Grundsätzen der ordnungsgemäßen Buchhaltung zu führen. Alle Geschäftsvorfälle sind unverzüglich und fortlaufend zu verbuchen. Bei Eintritt des Versicherungsfalls hat der Versicherungsnehmer die zu führenden Bücher/Unterlagen dem Versicherer auf Verlangen zur Verfügung zu stellen. Auch muss er auf Verlangen Untersuchungen über Ursache und Höhe des Schadens und über den Umfang der Entschädigungspflicht gestatten. Hierzu hat er auch jede dienliche Auskunft zu erteilen und die erforderlichen Belege beizubringen. Verletzungen dieser Obliegenheiten führen nach den Versicherungsbedingungen zur Leistungsfreiheit des Versicherers.

Die Beklagte hatte den Kläger mehrfach zur Übergabe aller erforderlichen Unterlagen aufgefordert. Dennoch habe der Kläger nicht alle zu führenden Geschäftsbücher und -unterlagen zur Verfügung gestellt, verlangte dienliche Auskünfte nicht erteilt und verlangte erforderliche Belege nicht beigebracht. Dies sei in Kenntnis der bestehenden Obliegenheiten und der Folge der Leistungsfreiheit bei Verletzungen geschehen.

Aufgrund dessen gab das Berufungsgericht der Berufung der Beklagten weit überwiegend statt und wies die Anschlussberufung des Klägers zurück.

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