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E-Scooter – mitgehangen, mitgefangen!

E-Scooter – mitgehangen, mitgefangen!

E-Scooter sind heutzutage allgegenwärtig und beschäftigen auch regelmäßig die Gerichte. So musste zuletzt das Landgericht Oldenburg darüber entscheiden, ob und wann auch ein Mitfahrer auf einem E-Scooter dieses Fahrzeug führt. In dem Beschluss vom 7. November 2022 (Az: 4 Qs 368/22) führte das Landgericht aus, dass das Festhalten an der Lenkstange für die Annahme des Fahrzeugführens genügt.

Vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis

Dem Beschluss liegt eine Beschwerde gegen die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis des Mitfahrers – dem Beschuldigten – zugrunde. Der Beschuldigte war mit einem Freund zu zweit auf einem E-Scooter unterwegs. Der Beschuldigte war dabei unstreitig alkoholisiert (1,2 Promille) und stand hinter seinem Freund auf dem Fahrzeug. Er hielt dabei beide Hände an der Lenkstange und gibt selbst an, sich nur festgehalten zu haben. Er habe keine Lenkbewegungen durchgeführt und das Fahrzeug daher nicht geführt.

Das Amtsgericht sah dies anders. Mit dem Halten der Lenkstange sei anzunehmen, dass auch der Beschuldigte den E-Scooter geführt hat. Daher sei er der Trunkenheit im Verkehr hinreichend verdächtig, was die Grundlage für die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis darstelle. Das Amtsgericht selbst hatte der Beschwerde gegen die vorläufige Entziehung nicht abgeholfen, sodass nun das Landgericht zu entscheiden hatte.

Bestätigung durch das LG

Das Landgericht schloss sich jedoch der Ansicht des Amtsgerichts an, die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis sei zurecht erfolgt. Voraussetzung der vorläufigen Entziehung nach § 111a StPO ist das Vorliegen dringender Gründe dafür, dass die Fahrerlaubnis nach § 69 StGB entzogen werden wird. Hierfür wiederum ist erforderlich, dass der Betroffene wegen einer rechtswidrigen Tat verurteilt wird, die er etwa beim Führen eines Kraftfahrzeugs begangen hat. Aus der Tat muss sich ergeben, dass er zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet ist. Dies ist in der Regel anzunehmen, wenn die Tat eine Trunkenheit im Verkehr nach § 316 StGB ist. Der Beschuldigte sei dieser Tat vorliegend dringend verdächtig.

E-Scooter sind Kraftfahrzeuge

Das LG stellte zunächst heraus, dass E-Scooter Kraftfahrzeuge sind und gegenüber Fahrrädern ein erhöhtes Gefährdungspotential aufweisen. Dies begründe sich unter anderem in den erheblichen Leistungsanforderungen aufgrund der Bauart der Scooter. Mit den kleinen und kaum gefederten Rädern der Scooter würden Ausweichmanöver im Vergleich zum Fahrrad erschwert. Es bestehe auch eine gesteigerte Umkipp- und Sturzgefahr aufgrund der erhöhten Anfälligkeit für Fahrbahnunebenheiten. E-Scooter sind kleiner und könnten daher leichter übersehen werden. Dies werde aufgrund der so gut wie geräuschlos arbeitenden Elektromotoren auch nicht durch eine erhöhte akustische Wahrnehmbarkeit ausgeglichen.

Mitfahrer auch Fahrzeugführer

Der Beschuldigte habe mit dem Festhalten der Lenkstange den E-Scooter auch geführt im Sinne des § 316 StGB. Führer eines Fahrzeugs sei auch, wer das Fahrzeug unter Handhabung seiner technischen Vorrichtungen während der Fahrbewegung durch den öffentlichen Verkehrsraum ganz oder wenigstens zum Teil lenkt. Fahrzeugführer sei also nicht nur, wer alle für die Fortbewegung des Fahrzeugs erforderlichen technischen Funktionen ausübt. Die Vornahme einzelner Tätigkeiten genüge, sofern es solche sind, ohne die eine zielgerichtete Fortbewegung des Fahrzeugs im Verkehr unmöglich wäre. Hierzu sei auch das Lenken zu zählen.

Das Festhalten des Lenkers stelle auch ohne das Ausführen von Lenkbewegungen ein Lenken des Fahrzeugs dar. Das Festhalten führe dazu, dass das Fahrzeug geradeaus fährt. Wenn zwei Personen sich am Lenker festhalten, sei ein kontrolliertes Fortbewegen des Scooters durch den Verkehrsraum nur durch ein Zusammenwirken beider Personen möglich. In solchen Fällen werde der E-Scooter in einer Art „Mittäterschaft“ von beiden Fahrern gleichzeitig geführt. Dass nach Angabe des Beschuldigten lediglich sein Freund Einfluss auf die Geschwindigkeit gehabt habe, sei daher ohne Belang. Der Irrtum über die Strafbarkeit solchen Verhaltens stelle einen vermeidbaren Verbotsirrtum dar.

Führereigenschaft auch bei „Blindflug“

Die Fahrzeugführereigenschaft sei auch dann gegeben, wenn der Beschuldigte als Mitfahrer den Verkehr gar nicht selbst wahrnehmen konnte. Mit dem Festhalten werde der Scooter in der Spur gehalten, auch wenn nur eine eingeschränkte Sicht besteht. Ein solcher „Blindflug“ führe zu eingeschränkten Reaktionsmöglichkeiten auf plötzliche Verkehrsereignisse. Dies erhöhe nur die Gefährlichkeit solchen Verhaltens.

Ein Vergleich zu einem Sozius auf einem Kraftrad wie einem Motorrad könne hier nicht gezogen werden. In solchen Fällen halte sich der Mitfahrer typischerweise gerade nicht am Lenker fest, sondern etwa an dem Bauch des Vordermanns. Die Fahrtrichtung werde dadurch nicht beeinflusst.

Diese Einordnung stehe auch im Einklang mit dem Sinn und Zweck des § 316 StGB. Dieser schütze das Allgemeininteresse an der Sicherheit des öffentlichen Straßenverkehrs gegen verkehrsinterne Bedrohungen von fahruntüchtigen Fahrzeugführern. Durch die unmittelbare Einwirkungsmöglichkeit des fahruntüchtigen Sozius auf das Fahrverhalten werde die Sicherheit des Straßenverkehrs gefährdet. Es bestehe die erhöhte Gefahr von Kollisionen aufgrund unkontrollierter Lenkbewegungen oder der auch unbewussten Verstärkung von Lenkmanövern des Vordermannes.

Absolute Fahruntüchtigkeit

Für die absolute Fahruntüchtigkeit bei E-Scootern gelte aufgrund der Einordnung als Kraftfahrzeug der Grenzwert von 1,1 Promille (Blutalkoholkonzentration). Mit den festgestellten 1,2 Promille war der Beschuldigte damit absolut fahruntüchtig. Ausfallerscheinungen spielen für die Feststellung der absoluten Fahruntüchtigkeit keine Rolle.

Da auch vom Vorliegen der weiteren Voraussetzungen auszugehen sei blieb der Beschuldigte mit seiner Beschwerde erfolglos. Insbesondere werde auch die Regelvermutung bezüglich der Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen (§ 69 StGB) nicht dadurch entkräftet, dass der Beschuldigte nur „mitgefahren“ sei. Das Fahren zu zweit auf einem E-Scooter sei schon im nüchternen Zustand aufgrund der Anforderungen im Hinblick auf Geschicklichkeit und Balance in höchstem Maße leichtsinnig. Darauf habe das Leihunternehmen des E-Scooters selbst nachdrücklich hingewiesen. Mit der Handlung des Beschuldigten habe dieser das Fehlen des erforderlichen Verantwortungsbewusstseins für das Führen von Kraftfahrzeugen belegt.  

Das Landgericht verwarf die Beschwerde des Beschuldigten daher als unbegründet.

Wenn wir mit diesem Beitrag Ihr Interesse geweckt haben, schauen Sie auch gerne in unsere weiteren Blogeinträge. Sollten Sie in einer ähnlichen Fallkonstellation selbst betroffen sein, melden Sie sich. Eine fernmündliche Ersteinschätzung seitens unseres Teams ist für Sie kostenfrei.

E-Scooter sind heutzutage allgegenwärtig und beschäftigen auch regelmäßig die Gerichte. So musste zuletzt das Landgericht Oldenburg darüber entscheiden, ob und wann auch ein Mitfahrer auf einem E-Scooter dieses Fahrzeug führt. In dem Beschluss vom 7. November 2022 (Az: 4 Qs 368/22) führte das Landgericht aus, dass das Festhalten an der Lenkstange für die Annahme des Fahrzeugführens genügt.

Vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis

Dem Beschluss liegt eine Beschwerde gegen die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis des Mitfahrers – dem Beschuldigten – zugrunde. Der Beschuldigte war mit einem Freund zu zweit auf einem E-Scooter unterwegs. Der Beschuldigte war dabei unstreitig alkoholisiert (1,2 Promille) und stand hinter seinem Freund auf dem Fahrzeug. Er hielt dabei beide Hände an der Lenkstange und gibt selbst an, sich nur festgehalten zu haben. Er habe keine Lenkbewegungen durchgeführt und das Fahrzeug daher nicht geführt.

Das Amtsgericht sah dies anders. Mit dem Halten der Lenkstange sei anzunehmen, dass auch der Beschuldigte den E-Scooter geführt hat. Daher sei er der Trunkenheit im Verkehr hinreichend verdächtig, was die Grundlage für die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis darstelle. Das Amtsgericht selbst hatte der Beschwerde gegen die vorläufige Entziehung nicht abgeholfen, sodass nun das Landgericht zu entscheiden hatte.

Bestätigung durch das LG

Das Landgericht schloss sich jedoch der Ansicht des Amtsgerichts an, die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis sei zurecht erfolgt. Voraussetzung der vorläufigen Entziehung nach § 111a StPO ist das Vorliegen dringender Gründe dafür, dass die Fahrerlaubnis nach § 69 StGB entzogen werden wird. Hierfür wiederum ist erforderlich, dass der Betroffene wegen einer rechtswidrigen Tat verurteilt wird, die er etwa beim Führen eines Kraftfahrzeugs begangen hat. Aus der Tat muss sich ergeben, dass er zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet ist. Dies ist in der Regel anzunehmen, wenn die Tat eine Trunkenheit im Verkehr nach § 316 StGB ist. Der Beschuldigte sei dieser Tat vorliegend dringend verdächtig.

E-Scooter sind Kraftfahrzeuge

Das LG stellte zunächst heraus, dass E-Scooter Kraftfahrzeuge sind und gegenüber Fahrrädern ein erhöhtes Gefährdungspotential aufweisen. Dies begründe sich unter anderem in den erheblichen Leistungsanforderungen aufgrund der Bauart der Scooter. Mit den kleinen und kaum gefederten Rädern der Scooter würden Ausweichmanöver im Vergleich zum Fahrrad erschwert. Es bestehe auch eine gesteigerte Umkipp- und Sturzgefahr aufgrund der erhöhten Anfälligkeit für Fahrbahnunebenheiten. E-Scooter sind kleiner und könnten daher leichter übersehen werden. Dies werde aufgrund der so gut wie geräuschlos arbeitenden Elektromotoren auch nicht durch eine erhöhte akustische Wahrnehmbarkeit ausgeglichen.

Mitfahrer auch Fahrzeugführer

Der Beschuldigte habe mit dem Festhalten der Lenkstange den E-Scooter auch geführt im Sinne des § 316 StGB. Führer eines Fahrzeugs sei auch, wer das Fahrzeug unter Handhabung seiner technischen Vorrichtungen während der Fahrbewegung durch den öffentlichen Verkehrsraum ganz oder wenigstens zum Teil lenkt. Fahrzeugführer sei also nicht nur, wer alle für die Fortbewegung des Fahrzeugs erforderlichen technischen Funktionen ausübt. Die Vornahme einzelner Tätigkeiten genüge, sofern es solche sind, ohne die eine zielgerichtete Fortbewegung des Fahrzeugs im Verkehr unmöglich wäre. Hierzu sei auch das Lenken zu zählen.

Das Festhalten des Lenkers stelle auch ohne das Ausführen von Lenkbewegungen ein Lenken des Fahrzeugs dar. Das Festhalten führe dazu, dass das Fahrzeug geradeaus fährt. Wenn zwei Personen sich am Lenker festhalten, sei ein kontrolliertes Fortbewegen des Scooters durch den Verkehrsraum nur durch ein Zusammenwirken beider Personen möglich. In solchen Fällen werde der E-Scooter in einer Art „Mittäterschaft“ von beiden Fahrern gleichzeitig geführt. Dass nach Angabe des Beschuldigten lediglich sein Freund Einfluss auf die Geschwindigkeit gehabt habe, sei daher ohne Belang. Der Irrtum über die Strafbarkeit solchen Verhaltens stelle einen vermeidbaren Verbotsirrtum dar.

Führereigenschaft auch bei „Blindflug“

Die Fahrzeugführereigenschaft sei auch dann gegeben, wenn der Beschuldigte als Mitfahrer den Verkehr gar nicht selbst wahrnehmen konnte. Mit dem Festhalten werde der Scooter in der Spur gehalten, auch wenn nur eine eingeschränkte Sicht besteht. Ein solcher „Blindflug“ führe zu eingeschränkten Reaktionsmöglichkeiten auf plötzliche Verkehrsereignisse. Dies erhöhe nur die Gefährlichkeit solchen Verhaltens.

Ein Vergleich zu einem Sozius auf einem Kraftrad wie einem Motorrad könne hier nicht gezogen werden. In solchen Fällen halte sich der Mitfahrer typischerweise gerade nicht am Lenker fest, sondern etwa an dem Bauch des Vordermanns. Die Fahrtrichtung werde dadurch nicht beeinflusst.

Diese Einordnung stehe auch im Einklang mit dem Sinn und Zweck des § 316 StGB. Dieser schütze das Allgemeininteresse an der Sicherheit des öffentlichen Straßenverkehrs gegen verkehrsinterne Bedrohungen von fahruntüchtigen Fahrzeugführern. Durch die unmittelbare Einwirkungsmöglichkeit des fahruntüchtigen Sozius auf das Fahrverhalten werde die Sicherheit des Straßenverkehrs gefährdet. Es bestehe die erhöhte Gefahr von Kollisionen aufgrund unkontrollierter Lenkbewegungen oder der auch unbewussten Verstärkung von Lenkmanövern des Vordermannes.

Absolute Fahruntüchtigkeit

Für die absolute Fahruntüchtigkeit bei E-Scootern gelte aufgrund der Einordnung als Kraftfahrzeug der Grenzwert von 1,1 Promille (Blutalkoholkonzentration). Mit den festgestellten 1,2 Promille war der Beschuldigte damit absolut fahruntüchtig. Ausfallerscheinungen spielen für die Feststellung der absoluten Fahruntüchtigkeit keine Rolle.

Da auch vom Vorliegen der weiteren Voraussetzungen auszugehen sei blieb der Beschuldigte mit seiner Beschwerde erfolglos. Insbesondere werde auch die Regelvermutung bezüglich der Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen (§ 69 StGB) nicht dadurch entkräftet, dass der Beschuldigte nur „mitgefahren“ sei. Das Fahren zu zweit auf einem E-Scooter sei schon im nüchternen Zustand aufgrund der Anforderungen im Hinblick auf Geschicklichkeit und Balance in höchstem Maße leichtsinnig. Darauf habe das Leihunternehmen des E-Scooters selbst nachdrücklich hingewiesen. Mit der Handlung des Beschuldigten habe dieser das Fehlen des erforderlichen Verantwortungsbewusstseins für das Führen von Kraftfahrzeugen belegt.  

Das Landgericht verwarf die Beschwerde des Beschuldigten daher als unbegründet.

Wenn wir mit diesem Beitrag Ihr Interesse geweckt haben, schauen Sie auch gerne in unsere weiteren Blogeinträge. Sollten Sie in einer ähnlichen Fallkonstellation selbst betroffen sein, melden Sie sich. Eine fernmündliche Ersteinschätzung seitens unseres Teams ist für Sie kostenfrei.

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E-Scooter sind heutzutage allgegenwärtig und beschäftigen auch regelmäßig die Gerichte. So musste zuletzt das Landgericht Oldenburg darüber entscheiden, ob und wann auch ein Mitfahrer auf einem E-Scooter dieses Fahrzeug führt. In dem Beschluss vom 7. November 2022 (Az: 4 Qs 368/22) führte das Landgericht aus, dass das Festhalten an der Lenkstange für die Annahme des Fahrzeugführens genügt.

Vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis

Dem Beschluss liegt eine Beschwerde gegen die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis des Mitfahrers – dem Beschuldigten – zugrunde. Der Beschuldigte war mit einem Freund zu zweit auf einem E-Scooter unterwegs. Der Beschuldigte war dabei unstreitig alkoholisiert (1,2 Promille) und stand hinter seinem Freund auf dem Fahrzeug. Er hielt dabei beide Hände an der Lenkstange und gibt selbst an, sich nur festgehalten zu haben. Er habe keine Lenkbewegungen durchgeführt und das Fahrzeug daher nicht geführt.

Das Amtsgericht sah dies anders. Mit dem Halten der Lenkstange sei anzunehmen, dass auch der Beschuldigte den E-Scooter geführt hat. Daher sei er der Trunkenheit im Verkehr hinreichend verdächtig, was die Grundlage für die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis darstelle. Das Amtsgericht selbst hatte der Beschwerde gegen die vorläufige Entziehung nicht abgeholfen, sodass nun das Landgericht zu entscheiden hatte.

Bestätigung durch das LG

Das Landgericht schloss sich jedoch der Ansicht des Amtsgerichts an, die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis sei zurecht erfolgt. Voraussetzung der vorläufigen Entziehung nach § 111a StPO ist das Vorliegen dringender Gründe dafür, dass die Fahrerlaubnis nach § 69 StGB entzogen werden wird. Hierfür wiederum ist erforderlich, dass der Betroffene wegen einer rechtswidrigen Tat verurteilt wird, die er etwa beim Führen eines Kraftfahrzeugs begangen hat. Aus der Tat muss sich ergeben, dass er zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet ist. Dies ist in der Regel anzunehmen, wenn die Tat eine Trunkenheit im Verkehr nach § 316 StGB ist. Der Beschuldigte sei dieser Tat vorliegend dringend verdächtig.

E-Scooter sind Kraftfahrzeuge

Das LG stellte zunächst heraus, dass E-Scooter Kraftfahrzeuge sind und gegenüber Fahrrädern ein erhöhtes Gefährdungspotential aufweisen. Dies begründe sich unter anderem in den erheblichen Leistungsanforderungen aufgrund der Bauart der Scooter. Mit den kleinen und kaum gefederten Rädern der Scooter würden Ausweichmanöver im Vergleich zum Fahrrad erschwert. Es bestehe auch eine gesteigerte Umkipp- und Sturzgefahr aufgrund der erhöhten Anfälligkeit für Fahrbahnunebenheiten. E-Scooter sind kleiner und könnten daher leichter übersehen werden. Dies werde aufgrund der so gut wie geräuschlos arbeitenden Elektromotoren auch nicht durch eine erhöhte akustische Wahrnehmbarkeit ausgeglichen.

Mitfahrer auch Fahrzeugführer

Der Beschuldigte habe mit dem Festhalten der Lenkstange den E-Scooter auch geführt im Sinne des § 316 StGB. Führer eines Fahrzeugs sei auch, wer das Fahrzeug unter Handhabung seiner technischen Vorrichtungen während der Fahrbewegung durch den öffentlichen Verkehrsraum ganz oder wenigstens zum Teil lenkt. Fahrzeugführer sei also nicht nur, wer alle für die Fortbewegung des Fahrzeugs erforderlichen technischen Funktionen ausübt. Die Vornahme einzelner Tätigkeiten genüge, sofern es solche sind, ohne die eine zielgerichtete Fortbewegung des Fahrzeugs im Verkehr unmöglich wäre. Hierzu sei auch das Lenken zu zählen.

Das Festhalten des Lenkers stelle auch ohne das Ausführen von Lenkbewegungen ein Lenken des Fahrzeugs dar. Das Festhalten führe dazu, dass das Fahrzeug geradeaus fährt. Wenn zwei Personen sich am Lenker festhalten, sei ein kontrolliertes Fortbewegen des Scooters durch den Verkehrsraum nur durch ein Zusammenwirken beider Personen möglich. In solchen Fällen werde der E-Scooter in einer Art „Mittäterschaft“ von beiden Fahrern gleichzeitig geführt. Dass nach Angabe des Beschuldigten lediglich sein Freund Einfluss auf die Geschwindigkeit gehabt habe, sei daher ohne Belang. Der Irrtum über die Strafbarkeit solchen Verhaltens stelle einen vermeidbaren Verbotsirrtum dar.

Führereigenschaft auch bei „Blindflug“

Die Fahrzeugführereigenschaft sei auch dann gegeben, wenn der Beschuldigte als Mitfahrer den Verkehr gar nicht selbst wahrnehmen konnte. Mit dem Festhalten werde der Scooter in der Spur gehalten, auch wenn nur eine eingeschränkte Sicht besteht. Ein solcher „Blindflug“ führe zu eingeschränkten Reaktionsmöglichkeiten auf plötzliche Verkehrsereignisse. Dies erhöhe nur die Gefährlichkeit solchen Verhaltens.

Ein Vergleich zu einem Sozius auf einem Kraftrad wie einem Motorrad könne hier nicht gezogen werden. In solchen Fällen halte sich der Mitfahrer typischerweise gerade nicht am Lenker fest, sondern etwa an dem Bauch des Vordermanns. Die Fahrtrichtung werde dadurch nicht beeinflusst.

Diese Einordnung stehe auch im Einklang mit dem Sinn und Zweck des § 316 StGB. Dieser schütze das Allgemeininteresse an der Sicherheit des öffentlichen Straßenverkehrs gegen verkehrsinterne Bedrohungen von fahruntüchtigen Fahrzeugführern. Durch die unmittelbare Einwirkungsmöglichkeit des fahruntüchtigen Sozius auf das Fahrverhalten werde die Sicherheit des Straßenverkehrs gefährdet. Es bestehe die erhöhte Gefahr von Kollisionen aufgrund unkontrollierter Lenkbewegungen oder der auch unbewussten Verstärkung von Lenkmanövern des Vordermannes.

Absolute Fahruntüchtigkeit

Für die absolute Fahruntüchtigkeit bei E-Scootern gelte aufgrund der Einordnung als Kraftfahrzeug der Grenzwert von 1,1 Promille (Blutalkoholkonzentration). Mit den festgestellten 1,2 Promille war der Beschuldigte damit absolut fahruntüchtig. Ausfallerscheinungen spielen für die Feststellung der absoluten Fahruntüchtigkeit keine Rolle.

Da auch vom Vorliegen der weiteren Voraussetzungen auszugehen sei blieb der Beschuldigte mit seiner Beschwerde erfolglos. Insbesondere werde auch die Regelvermutung bezüglich der Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen (§ 69 StGB) nicht dadurch entkräftet, dass der Beschuldigte nur „mitgefahren“ sei. Das Fahren zu zweit auf einem E-Scooter sei schon im nüchternen Zustand aufgrund der Anforderungen im Hinblick auf Geschicklichkeit und Balance in höchstem Maße leichtsinnig. Darauf habe das Leihunternehmen des E-Scooters selbst nachdrücklich hingewiesen. Mit der Handlung des Beschuldigten habe dieser das Fehlen des erforderlichen Verantwortungsbewusstseins für das Führen von Kraftfahrzeugen belegt.  

Das Landgericht verwarf die Beschwerde des Beschuldigten daher als unbegründet.

Wenn wir mit diesem Beitrag Ihr Interesse geweckt haben, schauen Sie auch gerne in unsere weiteren Blogeinträge. Sollten Sie in einer ähnlichen Fallkonstellation selbst betroffen sein, melden Sie sich. Eine fernmündliche Ersteinschätzung seitens unseres Teams ist für Sie kostenfrei.

E-Scooter sind heutzutage allgegenwärtig und beschäftigen auch regelmäßig die Gerichte. So musste zuletzt das Landgericht Oldenburg darüber entscheiden, ob und wann auch ein Mitfahrer auf einem E-Scooter dieses Fahrzeug führt. In dem Beschluss vom 7. November 2022 (Az: 4 Qs 368/22) führte das Landgericht aus, dass das Festhalten an der Lenkstange für die Annahme des Fahrzeugführens genügt.

Vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis

Dem Beschluss liegt eine Beschwerde gegen die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis des Mitfahrers – dem Beschuldigten – zugrunde. Der Beschuldigte war mit einem Freund zu zweit auf einem E-Scooter unterwegs. Der Beschuldigte war dabei unstreitig alkoholisiert (1,2 Promille) und stand hinter seinem Freund auf dem Fahrzeug. Er hielt dabei beide Hände an der Lenkstange und gibt selbst an, sich nur festgehalten zu haben. Er habe keine Lenkbewegungen durchgeführt und das Fahrzeug daher nicht geführt.

Das Amtsgericht sah dies anders. Mit dem Halten der Lenkstange sei anzunehmen, dass auch der Beschuldigte den E-Scooter geführt hat. Daher sei er der Trunkenheit im Verkehr hinreichend verdächtig, was die Grundlage für die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis darstelle. Das Amtsgericht selbst hatte der Beschwerde gegen die vorläufige Entziehung nicht abgeholfen, sodass nun das Landgericht zu entscheiden hatte.

Bestätigung durch das LG

Das Landgericht schloss sich jedoch der Ansicht des Amtsgerichts an, die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis sei zurecht erfolgt. Voraussetzung der vorläufigen Entziehung nach § 111a StPO ist das Vorliegen dringender Gründe dafür, dass die Fahrerlaubnis nach § 69 StGB entzogen werden wird. Hierfür wiederum ist erforderlich, dass der Betroffene wegen einer rechtswidrigen Tat verurteilt wird, die er etwa beim Führen eines Kraftfahrzeugs begangen hat. Aus der Tat muss sich ergeben, dass er zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet ist. Dies ist in der Regel anzunehmen, wenn die Tat eine Trunkenheit im Verkehr nach § 316 StGB ist. Der Beschuldigte sei dieser Tat vorliegend dringend verdächtig.

E-Scooter sind Kraftfahrzeuge

Das LG stellte zunächst heraus, dass E-Scooter Kraftfahrzeuge sind und gegenüber Fahrrädern ein erhöhtes Gefährdungspotential aufweisen. Dies begründe sich unter anderem in den erheblichen Leistungsanforderungen aufgrund der Bauart der Scooter. Mit den kleinen und kaum gefederten Rädern der Scooter würden Ausweichmanöver im Vergleich zum Fahrrad erschwert. Es bestehe auch eine gesteigerte Umkipp- und Sturzgefahr aufgrund der erhöhten Anfälligkeit für Fahrbahnunebenheiten. E-Scooter sind kleiner und könnten daher leichter übersehen werden. Dies werde aufgrund der so gut wie geräuschlos arbeitenden Elektromotoren auch nicht durch eine erhöhte akustische Wahrnehmbarkeit ausgeglichen.

Mitfahrer auch Fahrzeugführer

Der Beschuldigte habe mit dem Festhalten der Lenkstange den E-Scooter auch geführt im Sinne des § 316 StGB. Führer eines Fahrzeugs sei auch, wer das Fahrzeug unter Handhabung seiner technischen Vorrichtungen während der Fahrbewegung durch den öffentlichen Verkehrsraum ganz oder wenigstens zum Teil lenkt. Fahrzeugführer sei also nicht nur, wer alle für die Fortbewegung des Fahrzeugs erforderlichen technischen Funktionen ausübt. Die Vornahme einzelner Tätigkeiten genüge, sofern es solche sind, ohne die eine zielgerichtete Fortbewegung des Fahrzeugs im Verkehr unmöglich wäre. Hierzu sei auch das Lenken zu zählen.

Das Festhalten des Lenkers stelle auch ohne das Ausführen von Lenkbewegungen ein Lenken des Fahrzeugs dar. Das Festhalten führe dazu, dass das Fahrzeug geradeaus fährt. Wenn zwei Personen sich am Lenker festhalten, sei ein kontrolliertes Fortbewegen des Scooters durch den Verkehrsraum nur durch ein Zusammenwirken beider Personen möglich. In solchen Fällen werde der E-Scooter in einer Art „Mittäterschaft“ von beiden Fahrern gleichzeitig geführt. Dass nach Angabe des Beschuldigten lediglich sein Freund Einfluss auf die Geschwindigkeit gehabt habe, sei daher ohne Belang. Der Irrtum über die Strafbarkeit solchen Verhaltens stelle einen vermeidbaren Verbotsirrtum dar.

Führereigenschaft auch bei „Blindflug“

Die Fahrzeugführereigenschaft sei auch dann gegeben, wenn der Beschuldigte als Mitfahrer den Verkehr gar nicht selbst wahrnehmen konnte. Mit dem Festhalten werde der Scooter in der Spur gehalten, auch wenn nur eine eingeschränkte Sicht besteht. Ein solcher „Blindflug“ führe zu eingeschränkten Reaktionsmöglichkeiten auf plötzliche Verkehrsereignisse. Dies erhöhe nur die Gefährlichkeit solchen Verhaltens.

Ein Vergleich zu einem Sozius auf einem Kraftrad wie einem Motorrad könne hier nicht gezogen werden. In solchen Fällen halte sich der Mitfahrer typischerweise gerade nicht am Lenker fest, sondern etwa an dem Bauch des Vordermanns. Die Fahrtrichtung werde dadurch nicht beeinflusst.

Diese Einordnung stehe auch im Einklang mit dem Sinn und Zweck des § 316 StGB. Dieser schütze das Allgemeininteresse an der Sicherheit des öffentlichen Straßenverkehrs gegen verkehrsinterne Bedrohungen von fahruntüchtigen Fahrzeugführern. Durch die unmittelbare Einwirkungsmöglichkeit des fahruntüchtigen Sozius auf das Fahrverhalten werde die Sicherheit des Straßenverkehrs gefährdet. Es bestehe die erhöhte Gefahr von Kollisionen aufgrund unkontrollierter Lenkbewegungen oder der auch unbewussten Verstärkung von Lenkmanövern des Vordermannes.

Absolute Fahruntüchtigkeit

Für die absolute Fahruntüchtigkeit bei E-Scootern gelte aufgrund der Einordnung als Kraftfahrzeug der Grenzwert von 1,1 Promille (Blutalkoholkonzentration). Mit den festgestellten 1,2 Promille war der Beschuldigte damit absolut fahruntüchtig. Ausfallerscheinungen spielen für die Feststellung der absoluten Fahruntüchtigkeit keine Rolle.

Da auch vom Vorliegen der weiteren Voraussetzungen auszugehen sei blieb der Beschuldigte mit seiner Beschwerde erfolglos. Insbesondere werde auch die Regelvermutung bezüglich der Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen (§ 69 StGB) nicht dadurch entkräftet, dass der Beschuldigte nur „mitgefahren“ sei. Das Fahren zu zweit auf einem E-Scooter sei schon im nüchternen Zustand aufgrund der Anforderungen im Hinblick auf Geschicklichkeit und Balance in höchstem Maße leichtsinnig. Darauf habe das Leihunternehmen des E-Scooters selbst nachdrücklich hingewiesen. Mit der Handlung des Beschuldigten habe dieser das Fehlen des erforderlichen Verantwortungsbewusstseins für das Führen von Kraftfahrzeugen belegt.  

Das Landgericht verwarf die Beschwerde des Beschuldigten daher als unbegründet.

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