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Beratungspflicht des Versicherungsvermittlers

Beratungspflicht des Versicherungsvermittlers

Ein Versicherungsvermittler hat bei seiner Tätigkeit unter anderem Beratungs- und Dokumentationspflichten zu beachten. Erfüllt der Versicherungsvermittler seine Pflicht zur bedarfsbezogenen Beratung nicht, kann der Versicherungsnehmer gegebenenfalls Schadensersatz geltend machen (§§ 63, 61 VVG). Die Dokumentation der Beratung spielt in solchen Fällen eine wichtige Rolle. So war es auch in dem von dem Landgericht Halle (Saale) (Urteil v. 31.03.2023, Az: 5 O 414/21) entschiedenen Rechtsstreit.

Darum geht es

Der Kläger erwarb im Jahr 2014 ein mit einem leerstehenden und sanierungsbedürftigen Mehrfamilienhaus bebautes Grundstück zum Preis von 40.000 €. Im Jahr 2015 schloss er für das Gebäude über den nun beklagten Versicherungsvermittler eine Wohngebäudeversicherung zum Zeitwert ab.  Die Versicherungssumme ist mit 200.000 € Zeitwert angegeben, ein Unterversicherungsverzicht ist nicht enthalten. Die Jahresprämie betrug knapp 200 €. Über die Beratung mit dem Kläger fertigte der Beklagte ein Beratungsprotokoll an.

Im Jahr 2018 kam es in dem versicherten Gebäude zu einem Brand. Der Kläger zeigte den Schaden bei seiner Versicherung an. Bei der folgenden Begutachtung erfolgte eine Bewertung des Gebäudes mit einem Zeitwert von 508.000 €. Der Zeitwertschaden betrug rund 143.000 € netto, der Schaden insgesamt rund 151.000 €. Aufgrund der bestehenden Unterversicherung erstattete die Versicherung dem Kläger nur 40 % des Schadens ohne Mehrwertsteuer, also 50.000 €.

Der Kläger verlangte nun von dem Beklagten Schadensersatz hinsichtlich des Differenzbetrags in Höhe von rund 101.000 €. Er stützte sich darauf, dass der Beklagte seiner Beratungspflicht nicht nachgekommen sei. So habe der Beklagte keine ausreichenden Nachfragen und Nachforschungen hinsichtlich der Wertermittlung für das Gebäude angestellt. Der Vermittler sei von dem Kläger darauf hingewiesen worden, dass die klägerseits angegebenen 200.000 € aus der Luft gegriffen seien. Auch habe der Beklagte den Kläger nicht über die Risiken bei einer Unterversicherung ohne einen entsprechenden Unterversicherungsverzicht aufgeklärt. Der Kläger führte an, dass er sich bei entsprechender Beratung nicht für eine Versicherung wie hier gewählt entschieden hätte. Vielmehr hätte er das Gebäude zum tatsächlichen Zeitwert von mehr als 500.000 € versichern lassen.

Unzureichende Beratung?

Vor dem Landgericht ging es in der Folge allein darum, zu klären, in welcher Form tatsächlich eine Beratung stattgefunden hatte. Hinsichtlich der Behauptung einer Falschberatung ist grundsätzlich der Kläger beweisbelastet. Es kommen jedoch Beweiserleichterungen bis hin zu einer Beweislastumkehr in Betracht, wenn die Beratung nicht (hinreichend) dokumentiert wurde. Das Landgericht sah in dem hier vorliegenden Beratungsprotokoll eine unzureichende Dokumentation. Insbesondere fehlten Angaben zum tatsächlich beratenen Versicherungswert und die behauptete Versicherungsempfehlung des Beklagten, weswegen eine Beweiserleichterung in Betracht komme.

Nach dem Landgericht muss nicht jede Einzelheit der Beratung dokumentiert werden. Aus der Dokumentation müsse jedoch hervorgehen, welche objektive Risikosituation besteht, um dem Schutzbedürfnis des Versicherungsnehmers und damit dem Sinn und Zweck der Dokumentationspflicht gerecht zu werden. Stichwortartig festgehalten werden müssten daher die Wünsche und Bedürfnisse des Versicherungsnehmers und die darauffolgende Empfehlung des Versicherungsvermittlers nebst Begründung.

Inhalt des Beratungsprotokolls

In der hier vorliegenden Dokumentation ist in der Rubrik Empfehlung des Vermittlers, konkreter Versicherungswunsch bzw. Entscheidung des Kunden eingetragen: „Kundenwunsch zum Wert von 200.000 € absichern“. In der Rubrik „Gibt es abweichende Kundenwünsche zu den empfohlenen Versicherungen?“ ist „nein“ eingetragen. In der Rubrik „Nicht vom Kunden gewünschte Versicherungen/Absicherungen“ heißt es: „Es bestehen keine abweichenden Kundenwünsche zu den vom Vermittler empfohlenen Versicherungen/zu empfohlenen Absicherungen.“

Das Landgericht stellte heraus, dass man auf Basis dieses Protokolls zu dem Schluss kommen müsse, dass keine Beratung hinsichtlich des Versicherungswertes und erst recht keine hinsichtlich eines Versicherungswertes von mehr als 500.000 € stattgefunden hat. Dies folge aus dem ausdrücklichen Vermerk, dass es zu der empfohlenen Versicherung keine abweichenden Kundenwünsche gegeben habe. Im Widerspruch zu der Dokumentation stünden dagegen die Ausführungen des Beklagten, er habe den tatsächlichen Versicherungswert von über 500.000 € ermittelt. Auch hätte er den Kläger darüber informiert und hinsichtlich der geringeren Versicherungssumme auf die Konsequenzen einer Unterversicherung hingewiesen. Dahingehende Belege oder nachvollziehbare Erklärungen habe der Beklagte jedoch trotz Ankündigung nicht dargebracht.

Fehlender Unterversicherungsverzicht die Ausnahme

Das Landgericht hielt es auch aufgrund der langjährigen Erfahrung des Beklagten für nicht nachvollziehbar, wie das Protokoll ausgefüllt wurde. Der Beklagte hätte ohne Weiteres seine behauptete Empfehlung hinsichtlich eines Versicherungswertes von über 500.000 € in dem Protokoll eintragen können. Dies geschah jedoch nicht, vielmehr wurde vermerkt, dass kein abweichender Kundenwunsch bestehe. Auch das beklagtenseits behauptete Hin und Her, bis man zu einer von dem Kläger akzeptierten Prämie gekommen sei, finde sich nicht in der Dokumentation.

Auch zu dem herausgenommenen Verzicht auf den Unterversicherungsschutz finde sich kein Vermerk. Eine solche Regelung sei jedoch inzwischen die Ausnahme. Die Versicherer würden mittlerweile bei der Gebäudeversicherung zumeist auf den Einwand der Unterversicherung verzichten. Aus diesem Grund hätte das verbleibende Risiko der Unterversicherung auch in der Dokumentation aufgeführt werden müssen. Nur so könne dem Sinn und Zweck der Dokumentation Genüge getan werden. Denn dem Versicherungsnehmer sollen vor Abschluss der Versicherung die von ihm eingegangenen Risiken klar vorgehalten werden. Die hiesigen Risiken bestanden in dem wesentlich niedrigeren Versicherungswert und dem fehlenden Verzicht auf den Einwand der Unterversicherung.

Das Landgericht ging aus diesen Gründen sogar unabhängig von einer Beweiserleichterung von einer Verletzung der dem Beklagten obliegenden Beratungspflichten aus. Eine Belehrung habe weder über den tatsächlichen Zeitwert noch über die hier möglichen Konsequenzen der Unterversicherung stattgefunden. Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger die Versicherung auch bei ordnungsgemäßer Beratung so abgeschlossen hätte, sah das Gericht nicht. Klagestattgebend verurteilte das Landgericht den Beklagten folglich zur Zahlung der von der Versicherung nicht ersetzten Schadenssumme von rund 101.000 €.

Wenn wir mit diesem Beitrag Ihr Interesse geweckt haben, schauen Sie auch gerne in unsere weiteren Blogeinträge. Sollten Sie in einer ähnlichen Fallkonstellation selbst betroffen sein, melden Sie sich. Eine fernmündliche Ersteinschätzung seitens unseres Teams ist für Sie kostenfrei.

Ein Versicherungsvermittler hat bei seiner Tätigkeit unter anderem Beratungs- und Dokumentationspflichten zu beachten. Erfüllt der Versicherungsvermittler seine Pflicht zur bedarfsbezogenen Beratung nicht, kann der Versicherungsnehmer gegebenenfalls Schadensersatz geltend machen (§§ 63, 61 VVG). Die Dokumentation der Beratung spielt in solchen Fällen eine wichtige Rolle. So war es auch in dem von dem Landgericht Halle (Saale) (Urteil v. 31.03.2023, Az: 5 O 414/21) entschiedenen Rechtsstreit.

Darum geht es

Der Kläger erwarb im Jahr 2014 ein mit einem leerstehenden und sanierungsbedürftigen Mehrfamilienhaus bebautes Grundstück zum Preis von 40.000 €. Im Jahr 2015 schloss er für das Gebäude über den nun beklagten Versicherungsvermittler eine Wohngebäudeversicherung zum Zeitwert ab.  Die Versicherungssumme ist mit 200.000 € Zeitwert angegeben, ein Unterversicherungsverzicht ist nicht enthalten. Die Jahresprämie betrug knapp 200 €. Über die Beratung mit dem Kläger fertigte der Beklagte ein Beratungsprotokoll an.

Im Jahr 2018 kam es in dem versicherten Gebäude zu einem Brand. Der Kläger zeigte den Schaden bei seiner Versicherung an. Bei der folgenden Begutachtung erfolgte eine Bewertung des Gebäudes mit einem Zeitwert von 508.000 €. Der Zeitwertschaden betrug rund 143.000 € netto, der Schaden insgesamt rund 151.000 €. Aufgrund der bestehenden Unterversicherung erstattete die Versicherung dem Kläger nur 40 % des Schadens ohne Mehrwertsteuer, also 50.000 €.

Der Kläger verlangte nun von dem Beklagten Schadensersatz hinsichtlich des Differenzbetrags in Höhe von rund 101.000 €. Er stützte sich darauf, dass der Beklagte seiner Beratungspflicht nicht nachgekommen sei. So habe der Beklagte keine ausreichenden Nachfragen und Nachforschungen hinsichtlich der Wertermittlung für das Gebäude angestellt. Der Vermittler sei von dem Kläger darauf hingewiesen worden, dass die klägerseits angegebenen 200.000 € aus der Luft gegriffen seien. Auch habe der Beklagte den Kläger nicht über die Risiken bei einer Unterversicherung ohne einen entsprechenden Unterversicherungsverzicht aufgeklärt. Der Kläger führte an, dass er sich bei entsprechender Beratung nicht für eine Versicherung wie hier gewählt entschieden hätte. Vielmehr hätte er das Gebäude zum tatsächlichen Zeitwert von mehr als 500.000 € versichern lassen.

Unzureichende Beratung?

Vor dem Landgericht ging es in der Folge allein darum, zu klären, in welcher Form tatsächlich eine Beratung stattgefunden hatte. Hinsichtlich der Behauptung einer Falschberatung ist grundsätzlich der Kläger beweisbelastet. Es kommen jedoch Beweiserleichterungen bis hin zu einer Beweislastumkehr in Betracht, wenn die Beratung nicht (hinreichend) dokumentiert wurde. Das Landgericht sah in dem hier vorliegenden Beratungsprotokoll eine unzureichende Dokumentation. Insbesondere fehlten Angaben zum tatsächlich beratenen Versicherungswert und die behauptete Versicherungsempfehlung des Beklagten, weswegen eine Beweiserleichterung in Betracht komme.

Nach dem Landgericht muss nicht jede Einzelheit der Beratung dokumentiert werden. Aus der Dokumentation müsse jedoch hervorgehen, welche objektive Risikosituation besteht, um dem Schutzbedürfnis des Versicherungsnehmers und damit dem Sinn und Zweck der Dokumentationspflicht gerecht zu werden. Stichwortartig festgehalten werden müssten daher die Wünsche und Bedürfnisse des Versicherungsnehmers und die darauffolgende Empfehlung des Versicherungsvermittlers nebst Begründung.

Inhalt des Beratungsprotokolls

In der hier vorliegenden Dokumentation ist in der Rubrik Empfehlung des Vermittlers, konkreter Versicherungswunsch bzw. Entscheidung des Kunden eingetragen: „Kundenwunsch zum Wert von 200.000 € absichern“. In der Rubrik „Gibt es abweichende Kundenwünsche zu den empfohlenen Versicherungen?“ ist „nein“ eingetragen. In der Rubrik „Nicht vom Kunden gewünschte Versicherungen/Absicherungen“ heißt es: „Es bestehen keine abweichenden Kundenwünsche zu den vom Vermittler empfohlenen Versicherungen/zu empfohlenen Absicherungen.“

Das Landgericht stellte heraus, dass man auf Basis dieses Protokolls zu dem Schluss kommen müsse, dass keine Beratung hinsichtlich des Versicherungswertes und erst recht keine hinsichtlich eines Versicherungswertes von mehr als 500.000 € stattgefunden hat. Dies folge aus dem ausdrücklichen Vermerk, dass es zu der empfohlenen Versicherung keine abweichenden Kundenwünsche gegeben habe. Im Widerspruch zu der Dokumentation stünden dagegen die Ausführungen des Beklagten, er habe den tatsächlichen Versicherungswert von über 500.000 € ermittelt. Auch hätte er den Kläger darüber informiert und hinsichtlich der geringeren Versicherungssumme auf die Konsequenzen einer Unterversicherung hingewiesen. Dahingehende Belege oder nachvollziehbare Erklärungen habe der Beklagte jedoch trotz Ankündigung nicht dargebracht.

Fehlender Unterversicherungsverzicht die Ausnahme

Das Landgericht hielt es auch aufgrund der langjährigen Erfahrung des Beklagten für nicht nachvollziehbar, wie das Protokoll ausgefüllt wurde. Der Beklagte hätte ohne Weiteres seine behauptete Empfehlung hinsichtlich eines Versicherungswertes von über 500.000 € in dem Protokoll eintragen können. Dies geschah jedoch nicht, vielmehr wurde vermerkt, dass kein abweichender Kundenwunsch bestehe. Auch das beklagtenseits behauptete Hin und Her, bis man zu einer von dem Kläger akzeptierten Prämie gekommen sei, finde sich nicht in der Dokumentation.

Auch zu dem herausgenommenen Verzicht auf den Unterversicherungsschutz finde sich kein Vermerk. Eine solche Regelung sei jedoch inzwischen die Ausnahme. Die Versicherer würden mittlerweile bei der Gebäudeversicherung zumeist auf den Einwand der Unterversicherung verzichten. Aus diesem Grund hätte das verbleibende Risiko der Unterversicherung auch in der Dokumentation aufgeführt werden müssen. Nur so könne dem Sinn und Zweck der Dokumentation Genüge getan werden. Denn dem Versicherungsnehmer sollen vor Abschluss der Versicherung die von ihm eingegangenen Risiken klar vorgehalten werden. Die hiesigen Risiken bestanden in dem wesentlich niedrigeren Versicherungswert und dem fehlenden Verzicht auf den Einwand der Unterversicherung.

Das Landgericht ging aus diesen Gründen sogar unabhängig von einer Beweiserleichterung von einer Verletzung der dem Beklagten obliegenden Beratungspflichten aus. Eine Belehrung habe weder über den tatsächlichen Zeitwert noch über die hier möglichen Konsequenzen der Unterversicherung stattgefunden. Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger die Versicherung auch bei ordnungsgemäßer Beratung so abgeschlossen hätte, sah das Gericht nicht. Klagestattgebend verurteilte das Landgericht den Beklagten folglich zur Zahlung der von der Versicherung nicht ersetzten Schadenssumme von rund 101.000 €.

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Ein Versicherungsvermittler hat bei seiner Tätigkeit unter anderem Beratungs- und Dokumentationspflichten zu beachten. Erfüllt der Versicherungsvermittler seine Pflicht zur bedarfsbezogenen Beratung nicht, kann der Versicherungsnehmer gegebenenfalls Schadensersatz geltend machen (§§ 63, 61 VVG). Die Dokumentation der Beratung spielt in solchen Fällen eine wichtige Rolle. So war es auch in dem von dem Landgericht Halle (Saale) (Urteil v. 31.03.2023, Az: 5 O 414/21) entschiedenen Rechtsstreit.

Darum geht es

Der Kläger erwarb im Jahr 2014 ein mit einem leerstehenden und sanierungsbedürftigen Mehrfamilienhaus bebautes Grundstück zum Preis von 40.000 €. Im Jahr 2015 schloss er für das Gebäude über den nun beklagten Versicherungsvermittler eine Wohngebäudeversicherung zum Zeitwert ab.  Die Versicherungssumme ist mit 200.000 € Zeitwert angegeben, ein Unterversicherungsverzicht ist nicht enthalten. Die Jahresprämie betrug knapp 200 €. Über die Beratung mit dem Kläger fertigte der Beklagte ein Beratungsprotokoll an.

Im Jahr 2018 kam es in dem versicherten Gebäude zu einem Brand. Der Kläger zeigte den Schaden bei seiner Versicherung an. Bei der folgenden Begutachtung erfolgte eine Bewertung des Gebäudes mit einem Zeitwert von 508.000 €. Der Zeitwertschaden betrug rund 143.000 € netto, der Schaden insgesamt rund 151.000 €. Aufgrund der bestehenden Unterversicherung erstattete die Versicherung dem Kläger nur 40 % des Schadens ohne Mehrwertsteuer, also 50.000 €.

Der Kläger verlangte nun von dem Beklagten Schadensersatz hinsichtlich des Differenzbetrags in Höhe von rund 101.000 €. Er stützte sich darauf, dass der Beklagte seiner Beratungspflicht nicht nachgekommen sei. So habe der Beklagte keine ausreichenden Nachfragen und Nachforschungen hinsichtlich der Wertermittlung für das Gebäude angestellt. Der Vermittler sei von dem Kläger darauf hingewiesen worden, dass die klägerseits angegebenen 200.000 € aus der Luft gegriffen seien. Auch habe der Beklagte den Kläger nicht über die Risiken bei einer Unterversicherung ohne einen entsprechenden Unterversicherungsverzicht aufgeklärt. Der Kläger führte an, dass er sich bei entsprechender Beratung nicht für eine Versicherung wie hier gewählt entschieden hätte. Vielmehr hätte er das Gebäude zum tatsächlichen Zeitwert von mehr als 500.000 € versichern lassen.

Unzureichende Beratung?

Vor dem Landgericht ging es in der Folge allein darum, zu klären, in welcher Form tatsächlich eine Beratung stattgefunden hatte. Hinsichtlich der Behauptung einer Falschberatung ist grundsätzlich der Kläger beweisbelastet. Es kommen jedoch Beweiserleichterungen bis hin zu einer Beweislastumkehr in Betracht, wenn die Beratung nicht (hinreichend) dokumentiert wurde. Das Landgericht sah in dem hier vorliegenden Beratungsprotokoll eine unzureichende Dokumentation. Insbesondere fehlten Angaben zum tatsächlich beratenen Versicherungswert und die behauptete Versicherungsempfehlung des Beklagten, weswegen eine Beweiserleichterung in Betracht komme.

Nach dem Landgericht muss nicht jede Einzelheit der Beratung dokumentiert werden. Aus der Dokumentation müsse jedoch hervorgehen, welche objektive Risikosituation besteht, um dem Schutzbedürfnis des Versicherungsnehmers und damit dem Sinn und Zweck der Dokumentationspflicht gerecht zu werden. Stichwortartig festgehalten werden müssten daher die Wünsche und Bedürfnisse des Versicherungsnehmers und die darauffolgende Empfehlung des Versicherungsvermittlers nebst Begründung.

Inhalt des Beratungsprotokolls

In der hier vorliegenden Dokumentation ist in der Rubrik Empfehlung des Vermittlers, konkreter Versicherungswunsch bzw. Entscheidung des Kunden eingetragen: „Kundenwunsch zum Wert von 200.000 € absichern“. In der Rubrik „Gibt es abweichende Kundenwünsche zu den empfohlenen Versicherungen?“ ist „nein“ eingetragen. In der Rubrik „Nicht vom Kunden gewünschte Versicherungen/Absicherungen“ heißt es: „Es bestehen keine abweichenden Kundenwünsche zu den vom Vermittler empfohlenen Versicherungen/zu empfohlenen Absicherungen.“

Das Landgericht stellte heraus, dass man auf Basis dieses Protokolls zu dem Schluss kommen müsse, dass keine Beratung hinsichtlich des Versicherungswertes und erst recht keine hinsichtlich eines Versicherungswertes von mehr als 500.000 € stattgefunden hat. Dies folge aus dem ausdrücklichen Vermerk, dass es zu der empfohlenen Versicherung keine abweichenden Kundenwünsche gegeben habe. Im Widerspruch zu der Dokumentation stünden dagegen die Ausführungen des Beklagten, er habe den tatsächlichen Versicherungswert von über 500.000 € ermittelt. Auch hätte er den Kläger darüber informiert und hinsichtlich der geringeren Versicherungssumme auf die Konsequenzen einer Unterversicherung hingewiesen. Dahingehende Belege oder nachvollziehbare Erklärungen habe der Beklagte jedoch trotz Ankündigung nicht dargebracht.

Fehlender Unterversicherungsverzicht die Ausnahme

Das Landgericht hielt es auch aufgrund der langjährigen Erfahrung des Beklagten für nicht nachvollziehbar, wie das Protokoll ausgefüllt wurde. Der Beklagte hätte ohne Weiteres seine behauptete Empfehlung hinsichtlich eines Versicherungswertes von über 500.000 € in dem Protokoll eintragen können. Dies geschah jedoch nicht, vielmehr wurde vermerkt, dass kein abweichender Kundenwunsch bestehe. Auch das beklagtenseits behauptete Hin und Her, bis man zu einer von dem Kläger akzeptierten Prämie gekommen sei, finde sich nicht in der Dokumentation.

Auch zu dem herausgenommenen Verzicht auf den Unterversicherungsschutz finde sich kein Vermerk. Eine solche Regelung sei jedoch inzwischen die Ausnahme. Die Versicherer würden mittlerweile bei der Gebäudeversicherung zumeist auf den Einwand der Unterversicherung verzichten. Aus diesem Grund hätte das verbleibende Risiko der Unterversicherung auch in der Dokumentation aufgeführt werden müssen. Nur so könne dem Sinn und Zweck der Dokumentation Genüge getan werden. Denn dem Versicherungsnehmer sollen vor Abschluss der Versicherung die von ihm eingegangenen Risiken klar vorgehalten werden. Die hiesigen Risiken bestanden in dem wesentlich niedrigeren Versicherungswert und dem fehlenden Verzicht auf den Einwand der Unterversicherung.

Das Landgericht ging aus diesen Gründen sogar unabhängig von einer Beweiserleichterung von einer Verletzung der dem Beklagten obliegenden Beratungspflichten aus. Eine Belehrung habe weder über den tatsächlichen Zeitwert noch über die hier möglichen Konsequenzen der Unterversicherung stattgefunden. Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger die Versicherung auch bei ordnungsgemäßer Beratung so abgeschlossen hätte, sah das Gericht nicht. Klagestattgebend verurteilte das Landgericht den Beklagten folglich zur Zahlung der von der Versicherung nicht ersetzten Schadenssumme von rund 101.000 €.

Wenn wir mit diesem Beitrag Ihr Interesse geweckt haben, schauen Sie auch gerne in unsere weiteren Blogeinträge. Sollten Sie in einer ähnlichen Fallkonstellation selbst betroffen sein, melden Sie sich. Eine fernmündliche Ersteinschätzung seitens unseres Teams ist für Sie kostenfrei.

Ein Versicherungsvermittler hat bei seiner Tätigkeit unter anderem Beratungs- und Dokumentationspflichten zu beachten. Erfüllt der Versicherungsvermittler seine Pflicht zur bedarfsbezogenen Beratung nicht, kann der Versicherungsnehmer gegebenenfalls Schadensersatz geltend machen (§§ 63, 61 VVG). Die Dokumentation der Beratung spielt in solchen Fällen eine wichtige Rolle. So war es auch in dem von dem Landgericht Halle (Saale) (Urteil v. 31.03.2023, Az: 5 O 414/21) entschiedenen Rechtsstreit.

Darum geht es

Der Kläger erwarb im Jahr 2014 ein mit einem leerstehenden und sanierungsbedürftigen Mehrfamilienhaus bebautes Grundstück zum Preis von 40.000 €. Im Jahr 2015 schloss er für das Gebäude über den nun beklagten Versicherungsvermittler eine Wohngebäudeversicherung zum Zeitwert ab.  Die Versicherungssumme ist mit 200.000 € Zeitwert angegeben, ein Unterversicherungsverzicht ist nicht enthalten. Die Jahresprämie betrug knapp 200 €. Über die Beratung mit dem Kläger fertigte der Beklagte ein Beratungsprotokoll an.

Im Jahr 2018 kam es in dem versicherten Gebäude zu einem Brand. Der Kläger zeigte den Schaden bei seiner Versicherung an. Bei der folgenden Begutachtung erfolgte eine Bewertung des Gebäudes mit einem Zeitwert von 508.000 €. Der Zeitwertschaden betrug rund 143.000 € netto, der Schaden insgesamt rund 151.000 €. Aufgrund der bestehenden Unterversicherung erstattete die Versicherung dem Kläger nur 40 % des Schadens ohne Mehrwertsteuer, also 50.000 €.

Der Kläger verlangte nun von dem Beklagten Schadensersatz hinsichtlich des Differenzbetrags in Höhe von rund 101.000 €. Er stützte sich darauf, dass der Beklagte seiner Beratungspflicht nicht nachgekommen sei. So habe der Beklagte keine ausreichenden Nachfragen und Nachforschungen hinsichtlich der Wertermittlung für das Gebäude angestellt. Der Vermittler sei von dem Kläger darauf hingewiesen worden, dass die klägerseits angegebenen 200.000 € aus der Luft gegriffen seien. Auch habe der Beklagte den Kläger nicht über die Risiken bei einer Unterversicherung ohne einen entsprechenden Unterversicherungsverzicht aufgeklärt. Der Kläger führte an, dass er sich bei entsprechender Beratung nicht für eine Versicherung wie hier gewählt entschieden hätte. Vielmehr hätte er das Gebäude zum tatsächlichen Zeitwert von mehr als 500.000 € versichern lassen.

Unzureichende Beratung?

Vor dem Landgericht ging es in der Folge allein darum, zu klären, in welcher Form tatsächlich eine Beratung stattgefunden hatte. Hinsichtlich der Behauptung einer Falschberatung ist grundsätzlich der Kläger beweisbelastet. Es kommen jedoch Beweiserleichterungen bis hin zu einer Beweislastumkehr in Betracht, wenn die Beratung nicht (hinreichend) dokumentiert wurde. Das Landgericht sah in dem hier vorliegenden Beratungsprotokoll eine unzureichende Dokumentation. Insbesondere fehlten Angaben zum tatsächlich beratenen Versicherungswert und die behauptete Versicherungsempfehlung des Beklagten, weswegen eine Beweiserleichterung in Betracht komme.

Nach dem Landgericht muss nicht jede Einzelheit der Beratung dokumentiert werden. Aus der Dokumentation müsse jedoch hervorgehen, welche objektive Risikosituation besteht, um dem Schutzbedürfnis des Versicherungsnehmers und damit dem Sinn und Zweck der Dokumentationspflicht gerecht zu werden. Stichwortartig festgehalten werden müssten daher die Wünsche und Bedürfnisse des Versicherungsnehmers und die darauffolgende Empfehlung des Versicherungsvermittlers nebst Begründung.

Inhalt des Beratungsprotokolls

In der hier vorliegenden Dokumentation ist in der Rubrik Empfehlung des Vermittlers, konkreter Versicherungswunsch bzw. Entscheidung des Kunden eingetragen: „Kundenwunsch zum Wert von 200.000 € absichern“. In der Rubrik „Gibt es abweichende Kundenwünsche zu den empfohlenen Versicherungen?“ ist „nein“ eingetragen. In der Rubrik „Nicht vom Kunden gewünschte Versicherungen/Absicherungen“ heißt es: „Es bestehen keine abweichenden Kundenwünsche zu den vom Vermittler empfohlenen Versicherungen/zu empfohlenen Absicherungen.“

Das Landgericht stellte heraus, dass man auf Basis dieses Protokolls zu dem Schluss kommen müsse, dass keine Beratung hinsichtlich des Versicherungswertes und erst recht keine hinsichtlich eines Versicherungswertes von mehr als 500.000 € stattgefunden hat. Dies folge aus dem ausdrücklichen Vermerk, dass es zu der empfohlenen Versicherung keine abweichenden Kundenwünsche gegeben habe. Im Widerspruch zu der Dokumentation stünden dagegen die Ausführungen des Beklagten, er habe den tatsächlichen Versicherungswert von über 500.000 € ermittelt. Auch hätte er den Kläger darüber informiert und hinsichtlich der geringeren Versicherungssumme auf die Konsequenzen einer Unterversicherung hingewiesen. Dahingehende Belege oder nachvollziehbare Erklärungen habe der Beklagte jedoch trotz Ankündigung nicht dargebracht.

Fehlender Unterversicherungsverzicht die Ausnahme

Das Landgericht hielt es auch aufgrund der langjährigen Erfahrung des Beklagten für nicht nachvollziehbar, wie das Protokoll ausgefüllt wurde. Der Beklagte hätte ohne Weiteres seine behauptete Empfehlung hinsichtlich eines Versicherungswertes von über 500.000 € in dem Protokoll eintragen können. Dies geschah jedoch nicht, vielmehr wurde vermerkt, dass kein abweichender Kundenwunsch bestehe. Auch das beklagtenseits behauptete Hin und Her, bis man zu einer von dem Kläger akzeptierten Prämie gekommen sei, finde sich nicht in der Dokumentation.

Auch zu dem herausgenommenen Verzicht auf den Unterversicherungsschutz finde sich kein Vermerk. Eine solche Regelung sei jedoch inzwischen die Ausnahme. Die Versicherer würden mittlerweile bei der Gebäudeversicherung zumeist auf den Einwand der Unterversicherung verzichten. Aus diesem Grund hätte das verbleibende Risiko der Unterversicherung auch in der Dokumentation aufgeführt werden müssen. Nur so könne dem Sinn und Zweck der Dokumentation Genüge getan werden. Denn dem Versicherungsnehmer sollen vor Abschluss der Versicherung die von ihm eingegangenen Risiken klar vorgehalten werden. Die hiesigen Risiken bestanden in dem wesentlich niedrigeren Versicherungswert und dem fehlenden Verzicht auf den Einwand der Unterversicherung.

Das Landgericht ging aus diesen Gründen sogar unabhängig von einer Beweiserleichterung von einer Verletzung der dem Beklagten obliegenden Beratungspflichten aus. Eine Belehrung habe weder über den tatsächlichen Zeitwert noch über die hier möglichen Konsequenzen der Unterversicherung stattgefunden. Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger die Versicherung auch bei ordnungsgemäßer Beratung so abgeschlossen hätte, sah das Gericht nicht. Klagestattgebend verurteilte das Landgericht den Beklagten folglich zur Zahlung der von der Versicherung nicht ersetzten Schadenssumme von rund 101.000 €.

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