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Sekundenschlaf und grobe Fahrlässigkeit

Sekundenschlaf und grobe Fahrlässigkeit

Heute berichten wir in eigener Sache: Vergangenes Jahr konnten wir für einen Mandanten einen Erfolg gegen eine große Autovermietung erringen. In dem Rechtsstreit ging es maßgeblich darum, ob der beklagte Mieter bei einem Alleinunfall mit einem Mietwagen grob fahrlässig handelte. Das Landgericht Köln schloss sich in dem Urteil vom 12.08.2022 (Az: 37 O 98/20) im Ergebnis unserer Argumentation an. Eine grobe Fahrlässigkeit vermochte es in diesem Fall nicht zu erkennen und lehnte daher einen Anspruch gegen unseren Mandanten ab.

Worum geht es?

Die Klägerin ist eine große Autovermietung, bei welcher der Beklagte im Sommer 2019 ein Kraftfahrzeug mietete. Die Parteien vereinbarten eine Haftungsfreistellung bei selbstverschuldeten Unfällen mit einer Selbstbeteiligung von 0 €. Bei einer grob fahrlässigen Unfallverursachung sollte nach den AGB die Pflicht der Klägerin zur Haftungsfreistellung entfallen.

Am Abend des 02.08.2019 startete der Beklagte mit dem Mietwagen und weiteren Mitfahrern um 22.30 Uhr eine Fahrt nach Oslo. Gut drei Stunden später – gegen 1.40 Uhr – kam der Beklagte mit dem Fahrzeug von der Fahrbahn der Autobahn ab. Er kollidierte mit einem Verkehrszeichen; die anderen Insassen verschliefen den Unfallhergang. Unfallbedingt entstand nach Angaben der Klägerin ein Schaden in Höhe von 26.764,33 € netto. Die Klägerin verlangte von dem Beklagten die Zahlung von 50 % dieses Betrages, also 13.382,17 € netto. Dies wurde von dem Beklagten abgelehnt.

Vorbringen der Parteien

Die Klägerin behauptete, der Beklagte sei übermüdet gefahren und am Steuer eingeschlafen. Dies stelle einen schwersten Verkehrsverstoß dar, der den Vorwurf der objektiv grob fahrlässigen Schadensverursachung begründe. Dem Einschlafen würden stets eindeutige Zeichen der Übermüdung vorangehen. Dahingehend bestehe auch ein Anscheinsbeweis. Der Beklagte hätte auch subjektiv erkennen müssen, dass er aufgrund der Übermüdung nicht mehr fahrtüchtig war. Zudem hätte er seit Fahrtantritt keine Pause eingelegt.

Der Beklagte bestritt einen Sekundenschlaf als Unfallursache. Er entgegnete, dass er ausgeschlafen gewesen sei und auch gegen 1.00 Uhr eine Pause eingelegt habe. Des Weiteren könne grob fahrlässiges Handeln nur dann angenommen werden, wenn sich der Fahrer bewusst über erkannte deutliche Anzeichen einer Übermüdung hinweggesetzt habe. Dies sei hier nicht der Fall gewesen.

Keine grobe Fahrlässigkeit

Das Landgericht stellte zunächst heraus, dass die Frage der wirksamen Einbeziehung der AGB offenbleiben könne. Denn auch nach den Regelungen der AGB bestehe kein Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten. Der Vorwurf der grob fahrlässigen Unfallverursachung stehe nicht zur Überzeugung des Gerichts fest. Die Pflicht zur Haftungsfreistellung entfalle daher nicht.

Für den Nachweis der groben Fahrlässigkeit sei die Klägerin darlegungs- und beweisbelastet, habe den Beweis jedoch nicht führen können. Grobe Fahrlässigkeit setzt einen schweren und subjektiv unentschuldbaren Verstoß gegen die Anforderungen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt voraus. Grob fahrlässig handelt, wer die erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich hohem Maße verletzt und unbeachtet lässt, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen. Subjektiv muss es sich um ein unentschuldbares Fehlverhalten handeln, das ein gewöhnliches Maß erheblich übersteigt.

Sekundenschlaf nicht nachgewiesen

Ein Sekundenschlaf des Beklagten sei vorliegend zwar die wahrscheinlichste Unfallursache, der erforderliche Grad an Gewissheit sei jedoch nicht erreicht worden. Es kämen auch andere Ursachen in Betracht, wie etwa eine eingeschränkte Wahrnehmung aufgrund von Übermüdung oder eine falsche Risikoabwägung. Doch selbst im Fall des Sekundenschlafs könne hier nicht von grober Fahrlässigkeit ausgegangen werden. Objektiv bestehe zwar ein Erfahrungssatz, dass dem Einschlafen am Steuer deutliche und wahrnehmbare Ermüdungszeichen vorangehen. In subjektiver Hinsicht bestehe jedoch kein solcher Erfahrungssatz oder Anscheinsbeweis.

Einschlafen am Steuer nicht immer unentschuldbar

Nach dem Landgericht ist für grobe Fahrlässigkeit/Leichtfertigkeit auch erforderlich, dass sich der Fahrer bewusst über erkannte Übermüdungszeichen hinwegsetzt. Ein Sekundenschlaf könne auch einfach fahrlässig nicht vorhergesehen werden, weil objektive Ermüdungserscheinungen subjektiv oft nicht wahrgenommen werden. Dass der Beklagte diese Zeichen vorliegend wahrgenommen hat, habe die Klägerin nicht zur Überzeugung des Gerichts nachweisen können. Die Mitfahrer konnten keine Angaben zur subjektiven Wahrnehmung des Beklagten von vermeintlichen Ermüdungserscheinungen machen, da diese geschlafen hatten. Auch sei zu berücksichtigen, dass der Beklagte angab, ausgeschlafen und gut vorbereitet gewesen zu sein, und dass er gar nicht eingeschlafen sei.

Aus diesen Gründen wies das Landgericht die Klage ab.

Wenn wir mit diesem Beitrag Ihr Interesse geweckt haben, schauen Sie auch gerne in unsere weiteren Blogeinträge. Sollten Sie in einer ähnlichen Fallkonstellation selbst betroffen sein, melden Sie sich. Eine fernmündliche Ersteinschätzung seitens unseres Teams ist für Sie kostenfrei.

Heute berichten wir in eigener Sache: Vergangenes Jahr konnten wir für einen Mandanten einen Erfolg gegen eine große Autovermietung erringen. In dem Rechtsstreit ging es maßgeblich darum, ob der beklagte Mieter bei einem Alleinunfall mit einem Mietwagen grob fahrlässig handelte. Das Landgericht Köln schloss sich in dem Urteil vom 12.08.2022 (Az: 37 O 98/20) im Ergebnis unserer Argumentation an. Eine grobe Fahrlässigkeit vermochte es in diesem Fall nicht zu erkennen und lehnte daher einen Anspruch gegen unseren Mandanten ab.

Worum geht es?

Die Klägerin ist eine große Autovermietung, bei welcher der Beklagte im Sommer 2019 ein Kraftfahrzeug mietete. Die Parteien vereinbarten eine Haftungsfreistellung bei selbstverschuldeten Unfällen mit einer Selbstbeteiligung von 0 €. Bei einer grob fahrlässigen Unfallverursachung sollte nach den AGB die Pflicht der Klägerin zur Haftungsfreistellung entfallen.

Am Abend des 02.08.2019 startete der Beklagte mit dem Mietwagen und weiteren Mitfahrern um 22.30 Uhr eine Fahrt nach Oslo. Gut drei Stunden später – gegen 1.40 Uhr – kam der Beklagte mit dem Fahrzeug von der Fahrbahn der Autobahn ab. Er kollidierte mit einem Verkehrszeichen; die anderen Insassen verschliefen den Unfallhergang. Unfallbedingt entstand nach Angaben der Klägerin ein Schaden in Höhe von 26.764,33 € netto. Die Klägerin verlangte von dem Beklagten die Zahlung von 50 % dieses Betrages, also 13.382,17 € netto. Dies wurde von dem Beklagten abgelehnt.

Vorbringen der Parteien

Die Klägerin behauptete, der Beklagte sei übermüdet gefahren und am Steuer eingeschlafen. Dies stelle einen schwersten Verkehrsverstoß dar, der den Vorwurf der objektiv grob fahrlässigen Schadensverursachung begründe. Dem Einschlafen würden stets eindeutige Zeichen der Übermüdung vorangehen. Dahingehend bestehe auch ein Anscheinsbeweis. Der Beklagte hätte auch subjektiv erkennen müssen, dass er aufgrund der Übermüdung nicht mehr fahrtüchtig war. Zudem hätte er seit Fahrtantritt keine Pause eingelegt.

Der Beklagte bestritt einen Sekundenschlaf als Unfallursache. Er entgegnete, dass er ausgeschlafen gewesen sei und auch gegen 1.00 Uhr eine Pause eingelegt habe. Des Weiteren könne grob fahrlässiges Handeln nur dann angenommen werden, wenn sich der Fahrer bewusst über erkannte deutliche Anzeichen einer Übermüdung hinweggesetzt habe. Dies sei hier nicht der Fall gewesen.

Keine grobe Fahrlässigkeit

Das Landgericht stellte zunächst heraus, dass die Frage der wirksamen Einbeziehung der AGB offenbleiben könne. Denn auch nach den Regelungen der AGB bestehe kein Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten. Der Vorwurf der grob fahrlässigen Unfallverursachung stehe nicht zur Überzeugung des Gerichts fest. Die Pflicht zur Haftungsfreistellung entfalle daher nicht.

Für den Nachweis der groben Fahrlässigkeit sei die Klägerin darlegungs- und beweisbelastet, habe den Beweis jedoch nicht führen können. Grobe Fahrlässigkeit setzt einen schweren und subjektiv unentschuldbaren Verstoß gegen die Anforderungen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt voraus. Grob fahrlässig handelt, wer die erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich hohem Maße verletzt und unbeachtet lässt, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen. Subjektiv muss es sich um ein unentschuldbares Fehlverhalten handeln, das ein gewöhnliches Maß erheblich übersteigt.

Sekundenschlaf nicht nachgewiesen

Ein Sekundenschlaf des Beklagten sei vorliegend zwar die wahrscheinlichste Unfallursache, der erforderliche Grad an Gewissheit sei jedoch nicht erreicht worden. Es kämen auch andere Ursachen in Betracht, wie etwa eine eingeschränkte Wahrnehmung aufgrund von Übermüdung oder eine falsche Risikoabwägung. Doch selbst im Fall des Sekundenschlafs könne hier nicht von grober Fahrlässigkeit ausgegangen werden. Objektiv bestehe zwar ein Erfahrungssatz, dass dem Einschlafen am Steuer deutliche und wahrnehmbare Ermüdungszeichen vorangehen. In subjektiver Hinsicht bestehe jedoch kein solcher Erfahrungssatz oder Anscheinsbeweis.

Einschlafen am Steuer nicht immer unentschuldbar

Nach dem Landgericht ist für grobe Fahrlässigkeit/Leichtfertigkeit auch erforderlich, dass sich der Fahrer bewusst über erkannte Übermüdungszeichen hinwegsetzt. Ein Sekundenschlaf könne auch einfach fahrlässig nicht vorhergesehen werden, weil objektive Ermüdungserscheinungen subjektiv oft nicht wahrgenommen werden. Dass der Beklagte diese Zeichen vorliegend wahrgenommen hat, habe die Klägerin nicht zur Überzeugung des Gerichts nachweisen können. Die Mitfahrer konnten keine Angaben zur subjektiven Wahrnehmung des Beklagten von vermeintlichen Ermüdungserscheinungen machen, da diese geschlafen hatten. Auch sei zu berücksichtigen, dass der Beklagte angab, ausgeschlafen und gut vorbereitet gewesen zu sein, und dass er gar nicht eingeschlafen sei.

Aus diesen Gründen wies das Landgericht die Klage ab.

Wenn wir mit diesem Beitrag Ihr Interesse geweckt haben, schauen Sie auch gerne in unsere weiteren Blogeinträge. Sollten Sie in einer ähnlichen Fallkonstellation selbst betroffen sein, melden Sie sich. Eine fernmündliche Ersteinschätzung seitens unseres Teams ist für Sie kostenfrei.

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Heute berichten wir in eigener Sache: Vergangenes Jahr konnten wir für einen Mandanten einen Erfolg gegen eine große Autovermietung erringen. In dem Rechtsstreit ging es maßgeblich darum, ob der beklagte Mieter bei einem Alleinunfall mit einem Mietwagen grob fahrlässig handelte. Das Landgericht Köln schloss sich in dem Urteil vom 12.08.2022 (Az: 37 O 98/20) im Ergebnis unserer Argumentation an. Eine grobe Fahrlässigkeit vermochte es in diesem Fall nicht zu erkennen und lehnte daher einen Anspruch gegen unseren Mandanten ab.

Worum geht es?

Die Klägerin ist eine große Autovermietung, bei welcher der Beklagte im Sommer 2019 ein Kraftfahrzeug mietete. Die Parteien vereinbarten eine Haftungsfreistellung bei selbstverschuldeten Unfällen mit einer Selbstbeteiligung von 0 €. Bei einer grob fahrlässigen Unfallverursachung sollte nach den AGB die Pflicht der Klägerin zur Haftungsfreistellung entfallen.

Am Abend des 02.08.2019 startete der Beklagte mit dem Mietwagen und weiteren Mitfahrern um 22.30 Uhr eine Fahrt nach Oslo. Gut drei Stunden später – gegen 1.40 Uhr – kam der Beklagte mit dem Fahrzeug von der Fahrbahn der Autobahn ab. Er kollidierte mit einem Verkehrszeichen; die anderen Insassen verschliefen den Unfallhergang. Unfallbedingt entstand nach Angaben der Klägerin ein Schaden in Höhe von 26.764,33 € netto. Die Klägerin verlangte von dem Beklagten die Zahlung von 50 % dieses Betrages, also 13.382,17 € netto. Dies wurde von dem Beklagten abgelehnt.

Vorbringen der Parteien

Die Klägerin behauptete, der Beklagte sei übermüdet gefahren und am Steuer eingeschlafen. Dies stelle einen schwersten Verkehrsverstoß dar, der den Vorwurf der objektiv grob fahrlässigen Schadensverursachung begründe. Dem Einschlafen würden stets eindeutige Zeichen der Übermüdung vorangehen. Dahingehend bestehe auch ein Anscheinsbeweis. Der Beklagte hätte auch subjektiv erkennen müssen, dass er aufgrund der Übermüdung nicht mehr fahrtüchtig war. Zudem hätte er seit Fahrtantritt keine Pause eingelegt.

Der Beklagte bestritt einen Sekundenschlaf als Unfallursache. Er entgegnete, dass er ausgeschlafen gewesen sei und auch gegen 1.00 Uhr eine Pause eingelegt habe. Des Weiteren könne grob fahrlässiges Handeln nur dann angenommen werden, wenn sich der Fahrer bewusst über erkannte deutliche Anzeichen einer Übermüdung hinweggesetzt habe. Dies sei hier nicht der Fall gewesen.

Keine grobe Fahrlässigkeit

Das Landgericht stellte zunächst heraus, dass die Frage der wirksamen Einbeziehung der AGB offenbleiben könne. Denn auch nach den Regelungen der AGB bestehe kein Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten. Der Vorwurf der grob fahrlässigen Unfallverursachung stehe nicht zur Überzeugung des Gerichts fest. Die Pflicht zur Haftungsfreistellung entfalle daher nicht.

Für den Nachweis der groben Fahrlässigkeit sei die Klägerin darlegungs- und beweisbelastet, habe den Beweis jedoch nicht führen können. Grobe Fahrlässigkeit setzt einen schweren und subjektiv unentschuldbaren Verstoß gegen die Anforderungen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt voraus. Grob fahrlässig handelt, wer die erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich hohem Maße verletzt und unbeachtet lässt, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen. Subjektiv muss es sich um ein unentschuldbares Fehlverhalten handeln, das ein gewöhnliches Maß erheblich übersteigt.

Sekundenschlaf nicht nachgewiesen

Ein Sekundenschlaf des Beklagten sei vorliegend zwar die wahrscheinlichste Unfallursache, der erforderliche Grad an Gewissheit sei jedoch nicht erreicht worden. Es kämen auch andere Ursachen in Betracht, wie etwa eine eingeschränkte Wahrnehmung aufgrund von Übermüdung oder eine falsche Risikoabwägung. Doch selbst im Fall des Sekundenschlafs könne hier nicht von grober Fahrlässigkeit ausgegangen werden. Objektiv bestehe zwar ein Erfahrungssatz, dass dem Einschlafen am Steuer deutliche und wahrnehmbare Ermüdungszeichen vorangehen. In subjektiver Hinsicht bestehe jedoch kein solcher Erfahrungssatz oder Anscheinsbeweis.

Einschlafen am Steuer nicht immer unentschuldbar

Nach dem Landgericht ist für grobe Fahrlässigkeit/Leichtfertigkeit auch erforderlich, dass sich der Fahrer bewusst über erkannte Übermüdungszeichen hinwegsetzt. Ein Sekundenschlaf könne auch einfach fahrlässig nicht vorhergesehen werden, weil objektive Ermüdungserscheinungen subjektiv oft nicht wahrgenommen werden. Dass der Beklagte diese Zeichen vorliegend wahrgenommen hat, habe die Klägerin nicht zur Überzeugung des Gerichts nachweisen können. Die Mitfahrer konnten keine Angaben zur subjektiven Wahrnehmung des Beklagten von vermeintlichen Ermüdungserscheinungen machen, da diese geschlafen hatten. Auch sei zu berücksichtigen, dass der Beklagte angab, ausgeschlafen und gut vorbereitet gewesen zu sein, und dass er gar nicht eingeschlafen sei.

Aus diesen Gründen wies das Landgericht die Klage ab.

Wenn wir mit diesem Beitrag Ihr Interesse geweckt haben, schauen Sie auch gerne in unsere weiteren Blogeinträge. Sollten Sie in einer ähnlichen Fallkonstellation selbst betroffen sein, melden Sie sich. Eine fernmündliche Ersteinschätzung seitens unseres Teams ist für Sie kostenfrei.

Heute berichten wir in eigener Sache: Vergangenes Jahr konnten wir für einen Mandanten einen Erfolg gegen eine große Autovermietung erringen. In dem Rechtsstreit ging es maßgeblich darum, ob der beklagte Mieter bei einem Alleinunfall mit einem Mietwagen grob fahrlässig handelte. Das Landgericht Köln schloss sich in dem Urteil vom 12.08.2022 (Az: 37 O 98/20) im Ergebnis unserer Argumentation an. Eine grobe Fahrlässigkeit vermochte es in diesem Fall nicht zu erkennen und lehnte daher einen Anspruch gegen unseren Mandanten ab.

Worum geht es?

Die Klägerin ist eine große Autovermietung, bei welcher der Beklagte im Sommer 2019 ein Kraftfahrzeug mietete. Die Parteien vereinbarten eine Haftungsfreistellung bei selbstverschuldeten Unfällen mit einer Selbstbeteiligung von 0 €. Bei einer grob fahrlässigen Unfallverursachung sollte nach den AGB die Pflicht der Klägerin zur Haftungsfreistellung entfallen.

Am Abend des 02.08.2019 startete der Beklagte mit dem Mietwagen und weiteren Mitfahrern um 22.30 Uhr eine Fahrt nach Oslo. Gut drei Stunden später – gegen 1.40 Uhr – kam der Beklagte mit dem Fahrzeug von der Fahrbahn der Autobahn ab. Er kollidierte mit einem Verkehrszeichen; die anderen Insassen verschliefen den Unfallhergang. Unfallbedingt entstand nach Angaben der Klägerin ein Schaden in Höhe von 26.764,33 € netto. Die Klägerin verlangte von dem Beklagten die Zahlung von 50 % dieses Betrages, also 13.382,17 € netto. Dies wurde von dem Beklagten abgelehnt.

Vorbringen der Parteien

Die Klägerin behauptete, der Beklagte sei übermüdet gefahren und am Steuer eingeschlafen. Dies stelle einen schwersten Verkehrsverstoß dar, der den Vorwurf der objektiv grob fahrlässigen Schadensverursachung begründe. Dem Einschlafen würden stets eindeutige Zeichen der Übermüdung vorangehen. Dahingehend bestehe auch ein Anscheinsbeweis. Der Beklagte hätte auch subjektiv erkennen müssen, dass er aufgrund der Übermüdung nicht mehr fahrtüchtig war. Zudem hätte er seit Fahrtantritt keine Pause eingelegt.

Der Beklagte bestritt einen Sekundenschlaf als Unfallursache. Er entgegnete, dass er ausgeschlafen gewesen sei und auch gegen 1.00 Uhr eine Pause eingelegt habe. Des Weiteren könne grob fahrlässiges Handeln nur dann angenommen werden, wenn sich der Fahrer bewusst über erkannte deutliche Anzeichen einer Übermüdung hinweggesetzt habe. Dies sei hier nicht der Fall gewesen.

Keine grobe Fahrlässigkeit

Das Landgericht stellte zunächst heraus, dass die Frage der wirksamen Einbeziehung der AGB offenbleiben könne. Denn auch nach den Regelungen der AGB bestehe kein Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten. Der Vorwurf der grob fahrlässigen Unfallverursachung stehe nicht zur Überzeugung des Gerichts fest. Die Pflicht zur Haftungsfreistellung entfalle daher nicht.

Für den Nachweis der groben Fahrlässigkeit sei die Klägerin darlegungs- und beweisbelastet, habe den Beweis jedoch nicht führen können. Grobe Fahrlässigkeit setzt einen schweren und subjektiv unentschuldbaren Verstoß gegen die Anforderungen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt voraus. Grob fahrlässig handelt, wer die erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich hohem Maße verletzt und unbeachtet lässt, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen. Subjektiv muss es sich um ein unentschuldbares Fehlverhalten handeln, das ein gewöhnliches Maß erheblich übersteigt.

Sekundenschlaf nicht nachgewiesen

Ein Sekundenschlaf des Beklagten sei vorliegend zwar die wahrscheinlichste Unfallursache, der erforderliche Grad an Gewissheit sei jedoch nicht erreicht worden. Es kämen auch andere Ursachen in Betracht, wie etwa eine eingeschränkte Wahrnehmung aufgrund von Übermüdung oder eine falsche Risikoabwägung. Doch selbst im Fall des Sekundenschlafs könne hier nicht von grober Fahrlässigkeit ausgegangen werden. Objektiv bestehe zwar ein Erfahrungssatz, dass dem Einschlafen am Steuer deutliche und wahrnehmbare Ermüdungszeichen vorangehen. In subjektiver Hinsicht bestehe jedoch kein solcher Erfahrungssatz oder Anscheinsbeweis.

Einschlafen am Steuer nicht immer unentschuldbar

Nach dem Landgericht ist für grobe Fahrlässigkeit/Leichtfertigkeit auch erforderlich, dass sich der Fahrer bewusst über erkannte Übermüdungszeichen hinwegsetzt. Ein Sekundenschlaf könne auch einfach fahrlässig nicht vorhergesehen werden, weil objektive Ermüdungserscheinungen subjektiv oft nicht wahrgenommen werden. Dass der Beklagte diese Zeichen vorliegend wahrgenommen hat, habe die Klägerin nicht zur Überzeugung des Gerichts nachweisen können. Die Mitfahrer konnten keine Angaben zur subjektiven Wahrnehmung des Beklagten von vermeintlichen Ermüdungserscheinungen machen, da diese geschlafen hatten. Auch sei zu berücksichtigen, dass der Beklagte angab, ausgeschlafen und gut vorbereitet gewesen zu sein, und dass er gar nicht eingeschlafen sei.

Aus diesen Gründen wies das Landgericht die Klage ab.

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